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Semper, Gottfried
Der Stil in den technischen und tektonischen Künsten oder praktische Ästhetik: ein Handbuch für Techniker, Künstler und Kunstfreunde (Band 1): Die textile Kunst für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst — Frankfurt a.M., 1860

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https://doi.org/10.11588/diglit.67642#0414
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Viertes Hauptstück.

erleichterter Emailmalerei. Sie wurde bei den Alten nach densel-
ben technischen Grundsätzen und Proceduren behandelt, welche
bei der weit ursprünglicheren Ziegel- und Metallenkaustik und der
verwandten Mosaikmalerei lange vorher galten.
Doch ich wünsche weder bereits Gesagtes zu wiederholen,
(siehe §. 56 über Färben etc.,) noch Kommendem vorzugreifen
und verlasse diesen Gegenstand einstweilen für ein anderes Thema.
Schon oben bemerkte ich dass wahrscheinlich nur die Ueber-
reste von Ruinen untergeordneten Ranges aus dem grossartigen
Complexe einer assyrischen Palastanlage sich erhielten, dass die
eigentlichen Prachtgemächer mit ihren goldbeschlagenen Getäfeln
von Gedern- und Cypressenholz, mit ihren Wandpennälen aus
skulptirtem Elfenbeine und sonstigen kostbaren Bekleidungen
wahrscheinlich mit ihrem Schutte die unteren Gemächer füllen
oder in dem Labyrinth der Räume begraben liegen, die, weil sie
keine Steinbekleidung hatten welche ihr Aufsuchen erleichterten
und belohnten, von unseren antiquarischen Forschern grossentheils
unberücksichtigt und undurchsucht geblieben sind. —
Die Mittheilungen über die unglaubliche Pracht der Ausstattung
diesei' Räume welche die Autoren geben bewegen sich in ziem-
lich allgemeinen Ausdrücken, so dass sich kein recht klares Bild
daraus gestalten will.
Eine durch Philostratus den älteren uns erhaltene gewiss einer
weit früheren Zeit angehörige Notiz über die kgl. Burg von Baby-
lon lässt sie mit ihren ehernen Dächern in der Sonne blitzen, die
Zimmer und die Männersäle sowie die Stoen seien mit silbernen
und goldenen Geweben verziert, andere Räume seien mit solidem
Golde wie mit Gemälden bekleidet und die Darstellungen auf
den Peplen dei’ Wände hätten geschienen als seien sie der grie-
chischen Sagengeschichte vom Orpheus, der Amymone und der
Andromeda entnommen. Ein anderes Zimmer habe eine Kuppel
in Himmelsform von Sapphir mit goldenen Götterbildern darüber,
die gleichsam aus dem Aether herableuchteten.
Neuer und interessanter wäre es für uns, könnten wir
über das Boiseriewesen der Assyrier und Babylonier Genaueres
erfahren. Wir wissen nur, dass trotz der Armuth an eigenen
Holzarten, da das Land nur Pappeln und Palmen hervorbringb
dennoch das Holz in der Baukunst ein sehr wichtiger Stoff war,
 
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