Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Semper, Gottfried
Der Stil in den technischen und tektonischen Künsten oder praktische Ästhetik: ein Handbuch für Techniker, Künstler und Kunstfreunde (Band 1): Die textile Kunst für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst — Frankfurt a.M., 1860

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.67642#0435
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Textile Kunst. Assyrien.

385

assyrischen Reliquien des britischen Museums zeigt, hat meinet
Ueberzeugung nach seinen Ursprung aus diesem assyrischen
Volutenkelche des heiligen Baumes. Aber diese Genesis der ioni-
schen Kapitälform hat nur Werth und Bedeutung, wenn man sie


Hülse mit dem Palmettenschmuck. Volute mit Palmette als Bekrönung- eines
aufrechtstehenden Const.-Theiles.
mit wichtigeren und allgemeineren Analogieen zwischen der alt-
asiatischen Hohlkörperstruktur nebst ihr angehörigem Ornatus und
der hellenischen Steinstruktur mit ihrer Ausstattung in Verbin-
dung setzt, was später geschehen soll.
Der bekannte assyrische Pinienzapfen fungirt ähnlich, aber öfter
als Symbol für den Abschluss eines Aufrechten nach Unten. Die
meisten Tische, Stühle und sonstigen Möbel stehen auf Füssen
von dieser gleichfalls zu dem heiligen Baume gehörigen Form.
(Siehe Figur Seite 273.)
Andere Symbole sind der animalischen Welt entnommen; es
sind dieselben Wunderthiere und kompositen Bestien, die auf den
Stickereien und den Wanddekorationen so häufig Vorkommen und
von denen bereits oben des Weiteren die Rede war. Sie bilden
gleichsam die Repräsentanten des zweiten Schöpfungstages der
organischen Welt, wie jene mystischen Pflanzengewirre den ersten
Tag dieser Schöpfung treffend bezeichnen. Sie sind die halb
pflanzenhaft tellurischen Ausdrücke dienender Kraft; das orga-
nische Lebensprinzip erreichte in ihnen die Stufe der unfreien
Willensäusserung. Sie sind daher als künstlerische Ausdrücke
und Gleichnisse gewisser dienender Funktionen die einem
Semper. 49
 
Annotationen