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Viertes Hauptstück.
französische Bildhauer Jean Cousin, der nach älteren mittelalter-
lichen Vorbildern die Area der h. Genovefa von Engeln tragen lässt.
Eine sehr originelle Anwendung der mystischen Thiersymbole
in funktionellem Sinne zeigen die merkwürdigen Gabelkapitäler
der persischen Säulenordnung, die aus zwei kräftig gebogenen
Thiernacken bestehen welche in einen einzigen Rücken zusam-
mengewachsen sind, worauf die Epistylien sich aufsatteln. Dieses
Motiv musste bei den Persern sehr beliebt sein da es auch an
den skulptirten Facaden der Königsgräber vorkommt, nämlich
erst unten als Säulenkapitäl, dann auch oben an dem erhabenen
Gerüst, dem Solium,1 worauf der König opfert. Die Plattform
dieses Gerüsts ist nämlich von Unterzügen getragen die zu beiden
Enden in das Vordertheil eines gehörnten Ungeheuers auslaufen.
Von diesem Motive, wel-
ches die späteren Griechen
nachahmten, findet sich nicht
die geringste Andeutung auf
den assyrischen Reliefs noch
unter den aufgefundenen Ge-
genständen. Vielleichtgaben
sie aus richtigem Stilgefühle
für die monumentalen • Ge-
bilde den vegetabilischen
Symbolen den Vorzug, viel-
leicht hat der Zufall nicht
gewollt dass wir ihre inne-
ren Deckenträger, die als
halbe Meubles wohl ganz
passend in ähnlicher Weise
gebildet sein mochten, ken-
nen lernen sollten. Wir
sehen aber an einigen Geräthen, an Waffen und Feldzeichen, ein
ähnliches Motiv, nämlich das beistehende; ein monströser Doppel-
kopf mit einem einzigen Rachen, der Attache bildet und sich fest
in den gehaltenen Theil einbeisst. Hier und in vielen an-
1 Fergusson sieht in diesem Opfergerüst, das man sich auf dem Berg-
gipfel oberhalb Persepolis errichtet denken muss, die obere Etage oder die
Attika eines Palastes, welche Idee ihn zu einer sehr hässlichen Restitution
von Persepolis verleitete. Seine Ideen sind überhaupt mehr originell als
wahr und schön.
Viertes Hauptstück.
französische Bildhauer Jean Cousin, der nach älteren mittelalter-
lichen Vorbildern die Area der h. Genovefa von Engeln tragen lässt.
Eine sehr originelle Anwendung der mystischen Thiersymbole
in funktionellem Sinne zeigen die merkwürdigen Gabelkapitäler
der persischen Säulenordnung, die aus zwei kräftig gebogenen
Thiernacken bestehen welche in einen einzigen Rücken zusam-
mengewachsen sind, worauf die Epistylien sich aufsatteln. Dieses
Motiv musste bei den Persern sehr beliebt sein da es auch an
den skulptirten Facaden der Königsgräber vorkommt, nämlich
erst unten als Säulenkapitäl, dann auch oben an dem erhabenen
Gerüst, dem Solium,1 worauf der König opfert. Die Plattform
dieses Gerüsts ist nämlich von Unterzügen getragen die zu beiden
Enden in das Vordertheil eines gehörnten Ungeheuers auslaufen.
Von diesem Motive, wel-
ches die späteren Griechen
nachahmten, findet sich nicht
die geringste Andeutung auf
den assyrischen Reliefs noch
unter den aufgefundenen Ge-
genständen. Vielleichtgaben
sie aus richtigem Stilgefühle
für die monumentalen • Ge-
bilde den vegetabilischen
Symbolen den Vorzug, viel-
leicht hat der Zufall nicht
gewollt dass wir ihre inne-
ren Deckenträger, die als
halbe Meubles wohl ganz
passend in ähnlicher Weise
gebildet sein mochten, ken-
nen lernen sollten. Wir
sehen aber an einigen Geräthen, an Waffen und Feldzeichen, ein
ähnliches Motiv, nämlich das beistehende; ein monströser Doppel-
kopf mit einem einzigen Rachen, der Attache bildet und sich fest
in den gehaltenen Theil einbeisst. Hier und in vielen an-
1 Fergusson sieht in diesem Opfergerüst, das man sich auf dem Berg-
gipfel oberhalb Persepolis errichtet denken muss, die obere Etage oder die
Attika eines Palastes, welche Idee ihn zu einer sehr hässlichen Restitution
von Persepolis verleitete. Seine Ideen sind überhaupt mehr originell als
wahr und schön.