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Semper, Gottfried
Der Stil in den technischen und tektonischen Künsten oder praktische Ästhetik: ein Handbuch für Techniker, Künstler und Kunstfreunde (Band 1): Die textile Kunst für sich betrachtet und in Beziehung zur Baukunst — Frankfurt a.M., 1860

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https://doi.org/10.11588/diglit.67642#0454
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Viertes Hauptstück.

nicht sichtbar waren, sondern unter einer beliebigen Ver-
kleidung nur durch struktiven inneren Einfluss auf den Stil des
Werkes sich bemerkbar machten.1 Sie bestätigt meine schon bei
anderer Gelegenheit ausgesprochene Behauptung dass „weisser
Stein“ (d. h. der weisse Marmor) bei den Alten eine Bezeichnung
war die gerade so benützt wurde wie wir z. B. von Grau-
wacke oder Grünstein oder Rothtanne sprechen, ohne desshalb an
das Grau, das Grün und das Roth des Stoffes zu denken. Die
Farbe dieser Stoffe ist gerade das letzte was uns dabei einfällt
wenn es sich um ihren Gebrauch zu technischen Zwecken han-
delt. Eben dasselbe gilt vom weissen Steine der Altön.
Ich verweile nicht bei den berühmten Säulen der Vorhalle aus
gegossenem dreizolligem Metall, ob sie frei standen oder Gebälke
und darüber einen Thurm trugen, welche Form ihre Kapitale
hatten und derartige andere Fragen, die fast ein jeder anders
beantwortet, gehören nicht in diess Kapitel oder führen auf
Punkte die bei früheren Gelegenheiten, welche dafür bestimmtere
Unterlagen boten, schon besprochen wurden.
Das Gleiche gilt von den Opfer-
geräthen, von dem heil. Apparatus 2
im Innern des Tempels und von dem
1 Wie viel der Stoff der Ausführung bei
den Alten galt, welchen Werth das Kunst-
werk durch den Vorzug des Stofflichen er-
hielt, selbst wo er als solcher in dem Werke
weder durch Form noch durch Farbe gerade-
zu Geltung erhielt, darüber vergleiche die
wichtige Notiz in Quatre mere de Quincy’s
Jupiter Olympien pag. 31. Ich komme übri-
gens bei anderer Gelegenheit auf diesen Ge-
genstand zurück.
2 Das wahrscheinlich portraittreue Ab-
bild des siebenarmigen Leuchters inner des
Titusbogens zu Rom, hat seit den ersten
Jahrhunderten des Christenthumes in freie-
ster Behandlung den Goldschmieden für
Kirchenkandelaber zum Vorbilde gedient.
Dieses Werk gehörte offenbar zu jenen Pro-
dukten der Empaistik oder des Sphyrelaton,
die allen anderen Metallarbeiten vorangingen und von denen die in anderer
Technik ausgeführten Metallwerke, als die abgeleiteten, in stilistischer Be-
ziehung stets mehr oder weniger abhängig geblieben sind. (S. oben.)

Siebenarmiger Leuchter.
 
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