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Drittes Hauptstück.
Quadrat so durchschneiden müssen, dass jede auf seiner Oberfläche ent-
stehende Abtheilung für sich und zugleich das ganze System dieser
Abtheilungen im Zusammenhänge betrachtet den Bedingungen der Pro-
portionalität und der Symmetrie genügen müssen. Wo immer bei
Wandbekleidungen oder diesen ähnlichen Fällen das Quadrat oder ein
diesem nahe kommendes, für sich zu wenig actives, Verhältniss als
Hauptform unvermeidlich wird, sucht der gute Geschmack, diese durch
Füllungen und Felder zu theilen, die einzeln genommen höher sind als
breit, und dadurch eine Gliederung der Hauptform der Wandfläche zu
bewerkstelligen, wonach diese aufhört, indifferent zu sein und in Be-
ziehung auf Proportionalität und Symmetrie dem Auge die nothwendige
Beschäftigung und darauf folgende Befriedigung gewährt.
Eine Fläche kann sich auch dadurch als aufrechtstehend oder senk-
recht herabhangend bekunden, dass sie eine nach Oben oder nach Unten
auslaufende Form hat, so dass der Gegensatz des Oben und Unten durch
diese Form ausgesprochen erscheint. Ein gleichschenklichtes Dreieck
z. B. wird immer mit seiner Spitze das Oben oder Unten zu erkennen
geben, je nachdem es als stehende oder hängende Fläche gedacht wird.
Hiebei zeigt es sich, dass das Verhältniss der Höhe zu der Basis wohl
den Grad der Proportionalität betont, doch für die Entscheidung über
das Oben und Unten im Allgemeinep nicht a priori bestimmend ist.
Dergleichen Dreiecke oder sonstige sich absolut als stehend oder
hangend kund gebende Formen werden in ihren Wirkungen neutralisirt,
wenn man sie reiht. Indem nämlich die Zwischenräume zwischen ihnen
Formen bilden, die von ihnen das Umgekehrte sind, lassen erstere dem
Streben nach einer Richtung, das sich in der Reihung kund gibt, ein
Streben nach der entgegengesetzten Richtung entgegenwirken. In ge-
wissen Fällen, von denen bald die Rede sein wird, ist diese Eigenschaft
der genannten Formen sehr angemessen und erwünscht, aber sie ver-
hindert ihre Anwendung bei grossen Felderabtheilungen und nöthigt uns,
sie mit parallelogrammatischen Formen zu verbinden, in welcher Ver-
bindung sie dann sehr ausdrucksvolle Bekrönungen nach Oben und Grenz-
abschlüsse nach Unten bilden.
Gefälliger als derartige spitzwinklicht zulaufende Zacken und sogar
auch ursprünglicher (da man, um das sogenannte Auszetteln [niederdeutsch
Ausrebbeln, englisch unravelling] der ungesäumten Ränder textiler Stoffe
zu verhindern, die letzteren mit der Scheere zu festoniren pflegt) sind
die im Kreissegmente ausgezahnten Randabschlüsse, die auch in der
Baukunst (namentlich bei den oberen Simmsbekrönungen als Zinnen)
Drittes Hauptstück.
Quadrat so durchschneiden müssen, dass jede auf seiner Oberfläche ent-
stehende Abtheilung für sich und zugleich das ganze System dieser
Abtheilungen im Zusammenhänge betrachtet den Bedingungen der Pro-
portionalität und der Symmetrie genügen müssen. Wo immer bei
Wandbekleidungen oder diesen ähnlichen Fällen das Quadrat oder ein
diesem nahe kommendes, für sich zu wenig actives, Verhältniss als
Hauptform unvermeidlich wird, sucht der gute Geschmack, diese durch
Füllungen und Felder zu theilen, die einzeln genommen höher sind als
breit, und dadurch eine Gliederung der Hauptform der Wandfläche zu
bewerkstelligen, wonach diese aufhört, indifferent zu sein und in Be-
ziehung auf Proportionalität und Symmetrie dem Auge die nothwendige
Beschäftigung und darauf folgende Befriedigung gewährt.
Eine Fläche kann sich auch dadurch als aufrechtstehend oder senk-
recht herabhangend bekunden, dass sie eine nach Oben oder nach Unten
auslaufende Form hat, so dass der Gegensatz des Oben und Unten durch
diese Form ausgesprochen erscheint. Ein gleichschenklichtes Dreieck
z. B. wird immer mit seiner Spitze das Oben oder Unten zu erkennen
geben, je nachdem es als stehende oder hängende Fläche gedacht wird.
Hiebei zeigt es sich, dass das Verhältniss der Höhe zu der Basis wohl
den Grad der Proportionalität betont, doch für die Entscheidung über
das Oben und Unten im Allgemeinep nicht a priori bestimmend ist.
Dergleichen Dreiecke oder sonstige sich absolut als stehend oder
hangend kund gebende Formen werden in ihren Wirkungen neutralisirt,
wenn man sie reiht. Indem nämlich die Zwischenräume zwischen ihnen
Formen bilden, die von ihnen das Umgekehrte sind, lassen erstere dem
Streben nach einer Richtung, das sich in der Reihung kund gibt, ein
Streben nach der entgegengesetzten Richtung entgegenwirken. In ge-
wissen Fällen, von denen bald die Rede sein wird, ist diese Eigenschaft
der genannten Formen sehr angemessen und erwünscht, aber sie ver-
hindert ihre Anwendung bei grossen Felderabtheilungen und nöthigt uns,
sie mit parallelogrammatischen Formen zu verbinden, in welcher Ver-
bindung sie dann sehr ausdrucksvolle Bekrönungen nach Oben und Grenz-
abschlüsse nach Unten bilden.
Gefälliger als derartige spitzwinklicht zulaufende Zacken und sogar
auch ursprünglicher (da man, um das sogenannte Auszetteln [niederdeutsch
Ausrebbeln, englisch unravelling] der ungesäumten Ränder textiler Stoffe
zu verhindern, die letzteren mit der Scheere zu festoniren pflegt) sind
die im Kreissegmente ausgezahnten Randabschlüsse, die auch in der
Baukunst (namentlich bei den oberen Simmsbekrönungen als Zinnen)