104 Sethe, Beiträge zur ältesten Geschichte Aegyptens. [104
bezogen haben >. Unter diesen Nilhöhenangaben sind nun einige wohl auch in gewissem Grade
für chronologische Zwecke zu benutzen, nämlich die, welche sich auf ein unvollständiges Jahr
bei einem Regierungswechsel beziehen. Denn wir können aus ihnen ersehen, in welchem Teil
des ägyptischen Kalenderjahres damals die Nilschwelle ihren Höhepunkt erreichte, und, da das
mit sehr seltenen Ausnahmen regelmässig in denselben Wochen unseres Kalenderjahres ein-
zutreten pflegt, so lässt sich daraus mit grosser Wahrscheinlichkeit schliessen, dass eben diese
bestimmten Wochen damals innerhalb der auf dem Palermostein als Grenzen des unvollständigen
Jahres angegebenen Monatstage des ägyptischen beweglichen Kalenderjahres gefallen sein werden.
Um einen solchen Schluss aber ziehen zu können, müssen wir wissen, an welchem Orte
des Nilthaies die Nilstandsangaben des Steines genommen worden sind. Obwohl das auf dem
Stein selbst nicht angegeben ist, so ist es doch wohl recht wahrscheinlich, dass sie alle an ein
und derselben Stelle genommen sind. Dem scheint ja zunächst eine auffällige Thatsache zu
widersprechen, die Erman bemerkt hat, dass nämlich, wenn man für jede Zeile der Vorderseite
des Steines den Durchschnitt der erhaltenen Nilstandsangaben berechnet, dieser Durchschnitt
von Zeile zu Zeile kleiner wird. In Zeile 2 beträgt er bei 8 Angaben (davon 7 aufeinander
folgend) 5Y3 Elle, in Zeile 3 bei 13 Angaben 4% Elle, in Zeile 4 bei 13 Angaben 3'/2 Elle,
in Zeile 5 bei n Angaben ebenfalls 3'/2, in Zeile 6 bei 3 Angaben 3V3 Elle. Man könnte ver-
sucht sein, wenigstens zwischen Zeile 3 und 4 einen Wechsel des Ortes der Nilmessungen als
Grund für das Sinken der Durchschnittshöhen in Betracht zu ziehen. Thatsächlich nötigt aber
die von Erman wahrgenommene Verschiedenheit der Durchschnittszahlen wohl nicht zu einer
solchen Annahme. Es lassen sich nämlich auch aus den urkundlich überlieferten Nilhöhen der
letzten beiden Jahrhunderte unserer Zeitrechnung (1737—1800. 1825 —1889)2, obwohl sie sämtlich
an dem nämlichen Pegel von Roda gemessen sind, entsprechende Serien zusammenstellen, die
ganz ähnliche Unterschiede aufweisen. So geben die 7 aufeinander folgenden Nilhöhen von 1737
bis 1743 im Durchschnitt 23'/, Ellen, die 13 von 1877—1889 dagegen nur 22 Ellen, die 13 von
1781—1793 205/8 Ellen, die 3 von 1837—1839, die ähnliche Verhältnisse wie die 3 in Zeile 6 des
Palermosteines aufweisen3, 20'/0 Ellen. Es sind denn auch die Schwankungen zwischen 8 Ellen
als Maximum (Zeile 3) und 1 Elle als Minimum (Zeile 4) mit den Zwischenstufen von 6 Ellen
(3mal), 5 Ellen (8mal), 4 Ellen (i4mal), 3 Ellen (iomal), 2 Ellen (11 mal) durchaus nicht grösser
als die Schwankungen zwischen den 129 Nilhöhen, die von 1737—1800 und 1825—1889 bei Roda
gemessen wurden. Bei diesen ist als Maximum 26 Ellen (2mal), als Minimum 17 Ellen (imal)
beobachtet worden, dazwischen die Zwischenstufen von 25 Ellen (4mal), 24 Ellen (24mal), 23 Ellen
(27mal), 22 Ellen (24mal), 21 Ellen (i9mal), 20 Ellen (i3mal), 19 Ellen (iomal), 18 Ellen (5mal).
Enthalten die Nilstandsangaben auf der Vorderseite des Palermosteines somit wohl nichts,
was gegen die Annahme eines gemeinschaftlichen Messungsortes sprechen könnte, so fragt es
sich, ob eine solche aus historischen Gründen wahrscheinlich ist. Berücksichtigt man, dass die
1) Borchardt nimmt Anstoss an der Genauigkeit der Angaben, die sogar noch % und 3/4 Finger unterscheiden.
Demgegenüber ist darauf hinzuweisen, dass noch heute bei den Nilmessungen ausser den Ellen genau die kirat d. i. '/24 Elle
angegeben werden und dass auf den altägyptischen Ellen der Finger sogar in 16 Teile geteilt erscheint.
2) Chelu, Le Nil, le Soudan et l'Egypte 88—90.
3) Die erste und dritte sind in beiden Fällen annähernd gleich und bedeutend niedriger als die zweite.
bezogen haben >. Unter diesen Nilhöhenangaben sind nun einige wohl auch in gewissem Grade
für chronologische Zwecke zu benutzen, nämlich die, welche sich auf ein unvollständiges Jahr
bei einem Regierungswechsel beziehen. Denn wir können aus ihnen ersehen, in welchem Teil
des ägyptischen Kalenderjahres damals die Nilschwelle ihren Höhepunkt erreichte, und, da das
mit sehr seltenen Ausnahmen regelmässig in denselben Wochen unseres Kalenderjahres ein-
zutreten pflegt, so lässt sich daraus mit grosser Wahrscheinlichkeit schliessen, dass eben diese
bestimmten Wochen damals innerhalb der auf dem Palermostein als Grenzen des unvollständigen
Jahres angegebenen Monatstage des ägyptischen beweglichen Kalenderjahres gefallen sein werden.
Um einen solchen Schluss aber ziehen zu können, müssen wir wissen, an welchem Orte
des Nilthaies die Nilstandsangaben des Steines genommen worden sind. Obwohl das auf dem
Stein selbst nicht angegeben ist, so ist es doch wohl recht wahrscheinlich, dass sie alle an ein
und derselben Stelle genommen sind. Dem scheint ja zunächst eine auffällige Thatsache zu
widersprechen, die Erman bemerkt hat, dass nämlich, wenn man für jede Zeile der Vorderseite
des Steines den Durchschnitt der erhaltenen Nilstandsangaben berechnet, dieser Durchschnitt
von Zeile zu Zeile kleiner wird. In Zeile 2 beträgt er bei 8 Angaben (davon 7 aufeinander
folgend) 5Y3 Elle, in Zeile 3 bei 13 Angaben 4% Elle, in Zeile 4 bei 13 Angaben 3'/2 Elle,
in Zeile 5 bei n Angaben ebenfalls 3'/2, in Zeile 6 bei 3 Angaben 3V3 Elle. Man könnte ver-
sucht sein, wenigstens zwischen Zeile 3 und 4 einen Wechsel des Ortes der Nilmessungen als
Grund für das Sinken der Durchschnittshöhen in Betracht zu ziehen. Thatsächlich nötigt aber
die von Erman wahrgenommene Verschiedenheit der Durchschnittszahlen wohl nicht zu einer
solchen Annahme. Es lassen sich nämlich auch aus den urkundlich überlieferten Nilhöhen der
letzten beiden Jahrhunderte unserer Zeitrechnung (1737—1800. 1825 —1889)2, obwohl sie sämtlich
an dem nämlichen Pegel von Roda gemessen sind, entsprechende Serien zusammenstellen, die
ganz ähnliche Unterschiede aufweisen. So geben die 7 aufeinander folgenden Nilhöhen von 1737
bis 1743 im Durchschnitt 23'/, Ellen, die 13 von 1877—1889 dagegen nur 22 Ellen, die 13 von
1781—1793 205/8 Ellen, die 3 von 1837—1839, die ähnliche Verhältnisse wie die 3 in Zeile 6 des
Palermosteines aufweisen3, 20'/0 Ellen. Es sind denn auch die Schwankungen zwischen 8 Ellen
als Maximum (Zeile 3) und 1 Elle als Minimum (Zeile 4) mit den Zwischenstufen von 6 Ellen
(3mal), 5 Ellen (8mal), 4 Ellen (i4mal), 3 Ellen (iomal), 2 Ellen (11 mal) durchaus nicht grösser
als die Schwankungen zwischen den 129 Nilhöhen, die von 1737—1800 und 1825—1889 bei Roda
gemessen wurden. Bei diesen ist als Maximum 26 Ellen (2mal), als Minimum 17 Ellen (imal)
beobachtet worden, dazwischen die Zwischenstufen von 25 Ellen (4mal), 24 Ellen (24mal), 23 Ellen
(27mal), 22 Ellen (24mal), 21 Ellen (i9mal), 20 Ellen (i3mal), 19 Ellen (iomal), 18 Ellen (5mal).
Enthalten die Nilstandsangaben auf der Vorderseite des Palermosteines somit wohl nichts,
was gegen die Annahme eines gemeinschaftlichen Messungsortes sprechen könnte, so fragt es
sich, ob eine solche aus historischen Gründen wahrscheinlich ist. Berücksichtigt man, dass die
1) Borchardt nimmt Anstoss an der Genauigkeit der Angaben, die sogar noch % und 3/4 Finger unterscheiden.
Demgegenüber ist darauf hinzuweisen, dass noch heute bei den Nilmessungen ausser den Ellen genau die kirat d. i. '/24 Elle
angegeben werden und dass auf den altägyptischen Ellen der Finger sogar in 16 Teile geteilt erscheint.
2) Chelu, Le Nil, le Soudan et l'Egypte 88—90.
3) Die erste und dritte sind in beiden Fällen annähernd gleich und bedeutend niedriger als die zweite.