129] 6. Menes und die Gründung von Memphis. 129
die von ihm gegründete Stadt einen seeartigen Graben vom Nil aus angelegt haben, der sie
gegen Norden und Westen schützte, während im Osten der Strom selbst ihr Schutz gewährte l,
Menes hätte also nach diesem Bericht die Südseite der Stadt ohne einen solchen schützenden
Wassergraben gelassen, als ob sie dort weniger gefährdet gewesen wäre2.
Was die memphitischen Priester uns durch den Mund Herodots über die Befestigung der
von Menes gegründeten Stadt berichten, wird vermutlich weniger auf alten Ueberlieferungen be-
ruhen, als einfach auf Beobachtung der Situation des Ortes3. Wir werden daher aus dem Be-
richt mit Sicherheit wohl nur entnehmen können, dass das sogenannte Aevxbv relyog zu Hero-
dots Zeit in der geschilderten Weise auf drei Seiten durch Wasser geschützt war. Immerhin
könnte diese Anlage aber ebenso alt sein wie das ganze Aevxbv ra/o? überhaupt und könnte,
wie die Priester annahmen, auf den Gründer desselben Menes zurückgehen.
Eine Bestätigung dafür, dass die alte Stadt von Memphis ursprünglich nicht auf allen vier
Seiten in gleicher Weise durch Befestigungen geschützt war, könnte vielleicht auch in der plura-
lischen Form
Öl
,die Weissen Mauern'"', die der Name in den ältesten Texten hat, ver-
mutet werden. Eine solche Bezeichnung würde sich bei einer Befestigungsanlage, die nach einer
Seite offen war (vgl. die Hieroglyphe C in Inschriften der ersten Dynastie), also einer Schanze
vielleicht eher verstehen lassen als bei einem geschlossenen Mauerring, den es wohl näher läge
mit dem Singularis zu bezeichnen, wie denn die befestigte Altstadt von Memphis später, wo sie
auf allen Seiten von Mauern umschlossen gewesen sein wird, ja in der That demgemäss „die
Weisse Mauer" rb Aevxbv xelyfiq genannt wurde (s. ob. S. 125). Die Lage des Ptahtempels im
Süden der „Weissen Mauer(n)" (s. u.) bestätigt nicht nur, was aus Herodot's Bericht hervorzu-
gehen scheint, dass die Befestigung sich gegen den Norden wandte, um den Süden zu decken;
sie spricht vielleicht auch zu Gunsten der eben geäusserten Möglichkeit, dass die Befestigung nach
Süden überhaupt offen und unbefestigt war (s. u. Abschn. 7).
6. Das Alter der „Weissen Mauern".
Trifft die Auffassung, dass die „Weissen Mauern" eine oberägyptische Trutzveste gegen
Unterägypten darstellten, das Richtige, so ergiebt sich damit aber auch wohl ein terminus post
quem für ihre Gründung. Da die oberägyptische Veste auf einem Gebiet liegt, das stets zu
Unterägypten gerechnet wird, so kann sie natürlich erst angelegt sein, als dieses Gebiet, der
memphitische Gau, durch die Oberägypter dem unterägyptischen Reich schon entrissen war.
Das wird aber nicht etwa schon längere Zeit vor der Vereinigung der beiden Länder geschehen
sein können, da sonst der „Gau der Weissen Mauer(n)" in geschichtlicher Zeit seiner geogra-
phischen Lage entsprechend gewiss zu Oberägypten gerechnet worden wäre. Da das nicht ge-
schieht, wird er ziemlich zu gleicher Zeit wie das übrige Unterägypten mit dem oberägyptischen
1) cgwO-ev öe avzijq TtEQWQV^ai ?.lffi>>jv ix zov noxajxov ngog ßoQtt/v xe xal tiqoi; honÜQijv zo y&Q TCQÖq
r//v ijü) avxoQ 6 NsV.oq anliQyeL. Ilerodot II 90.
2) Diodor (I 50) lässt den Deich, den er unmittelbar an die Stadt heranrückt, zugleich als Festungswall die
Stadt gegen Süden schützen. Seine Schilderung ist offenbar ohne Kenntnis der Oertlichkeit aus dein herodoteischen Be-
richte zurecht gemacht.
3) Dazu stimmt das Präsens aTtigyei in Herodot's Bericht.
Sethe, Untersuchungen II!. 17
die von ihm gegründete Stadt einen seeartigen Graben vom Nil aus angelegt haben, der sie
gegen Norden und Westen schützte, während im Osten der Strom selbst ihr Schutz gewährte l,
Menes hätte also nach diesem Bericht die Südseite der Stadt ohne einen solchen schützenden
Wassergraben gelassen, als ob sie dort weniger gefährdet gewesen wäre2.
Was die memphitischen Priester uns durch den Mund Herodots über die Befestigung der
von Menes gegründeten Stadt berichten, wird vermutlich weniger auf alten Ueberlieferungen be-
ruhen, als einfach auf Beobachtung der Situation des Ortes3. Wir werden daher aus dem Be-
richt mit Sicherheit wohl nur entnehmen können, dass das sogenannte Aevxbv relyog zu Hero-
dots Zeit in der geschilderten Weise auf drei Seiten durch Wasser geschützt war. Immerhin
könnte diese Anlage aber ebenso alt sein wie das ganze Aevxbv ra/o? überhaupt und könnte,
wie die Priester annahmen, auf den Gründer desselben Menes zurückgehen.
Eine Bestätigung dafür, dass die alte Stadt von Memphis ursprünglich nicht auf allen vier
Seiten in gleicher Weise durch Befestigungen geschützt war, könnte vielleicht auch in der plura-
lischen Form
Öl
,die Weissen Mauern'"', die der Name in den ältesten Texten hat, ver-
mutet werden. Eine solche Bezeichnung würde sich bei einer Befestigungsanlage, die nach einer
Seite offen war (vgl. die Hieroglyphe C in Inschriften der ersten Dynastie), also einer Schanze
vielleicht eher verstehen lassen als bei einem geschlossenen Mauerring, den es wohl näher läge
mit dem Singularis zu bezeichnen, wie denn die befestigte Altstadt von Memphis später, wo sie
auf allen Seiten von Mauern umschlossen gewesen sein wird, ja in der That demgemäss „die
Weisse Mauer" rb Aevxbv xelyfiq genannt wurde (s. ob. S. 125). Die Lage des Ptahtempels im
Süden der „Weissen Mauer(n)" (s. u.) bestätigt nicht nur, was aus Herodot's Bericht hervorzu-
gehen scheint, dass die Befestigung sich gegen den Norden wandte, um den Süden zu decken;
sie spricht vielleicht auch zu Gunsten der eben geäusserten Möglichkeit, dass die Befestigung nach
Süden überhaupt offen und unbefestigt war (s. u. Abschn. 7).
6. Das Alter der „Weissen Mauern".
Trifft die Auffassung, dass die „Weissen Mauern" eine oberägyptische Trutzveste gegen
Unterägypten darstellten, das Richtige, so ergiebt sich damit aber auch wohl ein terminus post
quem für ihre Gründung. Da die oberägyptische Veste auf einem Gebiet liegt, das stets zu
Unterägypten gerechnet wird, so kann sie natürlich erst angelegt sein, als dieses Gebiet, der
memphitische Gau, durch die Oberägypter dem unterägyptischen Reich schon entrissen war.
Das wird aber nicht etwa schon längere Zeit vor der Vereinigung der beiden Länder geschehen
sein können, da sonst der „Gau der Weissen Mauer(n)" in geschichtlicher Zeit seiner geogra-
phischen Lage entsprechend gewiss zu Oberägypten gerechnet worden wäre. Da das nicht ge-
schieht, wird er ziemlich zu gleicher Zeit wie das übrige Unterägypten mit dem oberägyptischen
1) cgwO-ev öe avzijq TtEQWQV^ai ?.lffi>>jv ix zov noxajxov ngog ßoQtt/v xe xal tiqoi; honÜQijv zo y&Q TCQÖq
r//v ijü) avxoQ 6 NsV.oq anliQyeL. Ilerodot II 90.
2) Diodor (I 50) lässt den Deich, den er unmittelbar an die Stadt heranrückt, zugleich als Festungswall die
Stadt gegen Süden schützen. Seine Schilderung ist offenbar ohne Kenntnis der Oertlichkeit aus dein herodoteischen Be-
richte zurecht gemacht.
3) Dazu stimmt das Präsens aTtigyei in Herodot's Bericht.
Sethe, Untersuchungen II!. 17