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Siebmacher, Johann [Bibliogr. antecedent]; Seyler, Gustav A. [Oth.]
J. Siebmacher's großes und allgemeines Wappenbuch: in einer neuen, vollständig geordneten u. reich verm. Aufl. mit heraldischen und historisch-genealogischen Erläuterungen (Band 1,1): Wappen der deutschen Souveraine und Lande — Nürnberg, 1856

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https://doi.org/10.11588/diglit.27908#0025
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KÖNIGREICH BAYERN.

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geln der Wittelsbacher des XII.- Jahrhunderl* vorkorn-
mende Adler, noch der von Hundt (bayr. Stammbuch I.)
angenommene dreimal ecldge gezogene Balken das rich-
tige Stammwappen sei. Adler und Löwen sind in ältern
Zeiten, besonders im XI. und XII. Jahrhundert, so häufig
vorkommende Bilder auf Schilden, dass sie bei dem da-
maligen Stand der Heraldik unmöglich als sichere Unter-
scheidungs - Zeichen (Wappen) gegolten haben konnten,
sondern wenn sie nicht zufällig angenonnnen und weg-
gelassen wurden (wie z. B. bei Oesterreich), jedenfalls
einer späteren näheren Bezeichnung und weitcren Aus-
bildung bedurften, um fiir ein Signum gentile gelten zn
können. Ich habe hierüber in meinen »Grundsäzen« Kap. II.
ausführlicher gesprochen Auch ein eckig gezogener Balken
istnachallen Beweisen eine heraldischeErscheinung, die sich
schwerlich bis in das XII. Jahrhundert zuriickschreiben diirfte.
Wir haben sohin (wenn nicht derbewusste eckig gezogene
Balken der Grafen von Scheyrn, wie höchst wahrschein-
lich durch Verzeichnung oder Missverständniss älterer Vor-
bilder vielleicht auch ganze und halbe Rauten vorstellen
sollte) erst in dem durch schräg über einander laufende
Linien getheilten oder gerauteten Schild, den wir im
XII. Jahrhundert vollständig ausgeprägt in den Siegeln
finden, ein eigentliches Wappen zu suchen.

Die Frage ob dieser gerautete Schild das Wappen des
Herzogthums oder der Ilerzoge des Landes oder der Fiir-
sten ursprüngiich gewesen sei, ist zwar hier von keinem
besonoern Belang, dürfte aber für erstere Annahme ent-
schieden werden, da schon Heinrich der Löwe, der doch
kein Wittelsbacher war, als Herzog in Bayern sich mit ei-
nem gerauteten Waffenrock zeigt (Mon. Boica. III. Tab. I.
Siegel aus dem Jahre 1157). Was von dem Rautenschild
der Grafen von Wasserburg gefabelt wurde, verdient
kaum Erwähnung.

Die Wittelsbacher mögen also immerhin bei ihrer Be-
lehnung mit dem Ilerzogthum Bayern den herkömmlichen
Schild und die Fahne des Landes auch als Geschlechts-
wappen adoplirt haben, gleicli wie der pfäizische Löwe
auch in das Wappen der damit belehnten Wittelsbacher
überging. Im Allgemeinen darf man jedoch als Erfahrung-
saz annehmen, dass die heutigen Länder-Wappen zum gröss-
ten Theile ursprünglich Geschlechtswappen waren und von
den herrschenden Dinasten ihren Provinzen erst aufoctroirt
worden seien.

Siebmacher hat in seinem Wappenbuch (II. 2.) bei
Darstellung des Wappens der Grafen von Scheyrn, um allen
Ansichten mögUchst zu genügen, den diplomatischen Aus-
weg gewählt, dass er nicht blos den eckig gezogenen Bal-
ken, sondern auch den pfälzischen Löwen, die bayrischen
Rauten ünd zum Ueberflusse auch noch den problemati-
schen Bundschuch (den man als Wappen früher dem Gra-
fen Eckhardt von Scheyrn, genannt Bundschuh, zuertheilte)
in Einen Schild vereinte.

Nach dieser Einleitung werde ich zuerst das königl.
bayrische , sodann auch hieher gehörige ältere bayrische
Wappen erläutern.

Das königl. bayrische Maj estäts wapp en , wie
es hier dargestellt wird , ist eine Schöpfung König Lud-
wigs I. (Verordnung vom 18. Oktober 1835), und zeigt in
der Wahl und Anordnung der einzelnen Wappenbilder ein
sinniges Irieinandergreifen der Ileraldik und der Geschichte.
Es sind nämiich hiebei mit Absehung der zahlreichen ein-
zelnen Besizthümer, deren Wappen sonst in dem Schilde
ihrer Herrn zu prangen pfiegen, blos die vier Haupt-
stämme der Nation, Bayern, Franken, Schwaben und Pfäl-
zer, berücksichtigt und deren heraldische Sinnbilder in das
Gesammtwappen aufgenommen worden.

Der Schild ist geviertet mit einem Ilerzschilde,
Dieser ist von B. und S. schräg-gerautet oder geweckt
(Alt-Bayern).

Das ersteFeld des Ha u p t sch i 1 d es zeigt einen r.-ge-
krönten g. Löwen in # (Pfalz am Rhein); das zwfeit-e ist
von R. und S. getheilt mit drei mit aufsteigenden s. Spizen
(F ranken); das dritte Feld ist von S. und R. fünfmal
schräg-getheilt und mit einem g. Pfahl belegt (Schwa-
ben, eigentlich Grafschaft Burgau. Im Burgau’schen Sie-
geln aus dem XIII. Jahrhundert fehlt der Pfahl durchgehends.
Das eigentliche Wappenbild von Schwaben, die drei #

Löwen in G. fiihrt bereits Wiirttemberg). Im vierten s.
Feld ist ein g.-gekrönter, b. Löwe (Grafschaft Veldenz
in der Pfalz. Es ist also die Pfalz eigentlich durch zwei
Felder vertrelen, wenn man diese Grafschaft nicht als eine
zeitweilige Besizung der bayrischen Ilerzoge von Neu-
markt in der Oberpfalz bedacht haben will). *)

Um den Schild hängen die Orden des heiligen Hu-
bertus, heiligen Georg, des Militär- und Civil-Verdienstes.
Auf dem Schild rulit die Iiönigskrone.

Sehildhal ter: zwei gekrönte, widersehende Löwen
in natürlicher Farbe (besser g.) — Das ganze Wappen
umgibt und bedeckt ein purpurner, mit Hermelin ge-
fütterter und g.-verbrämter Wappenmantel, auf dessen Bal-
dachin wieder die königl. Krone ruht.

Das mittlere Wappen zeigt sämmtliche Felder des
grossen, mit den Schildhaltern, die hier auf einem g. Sockel
stehen, und der königl. Krone, doch ohne Wappenzelt und
Orden.

Das kleine Wappen zeigt blos den gekrönten Herz-
schild des grossen Wappens, mit 21 ganzen b. und s.
Rauten. Schildhalter und Sockel fehlen, dagegen ist der
Schild an den Seiten mit einem Lorbeer und einem Pal-
menzweige umgeben.

Tafel 18.

Altbayern, Pfalz am Rhein, Bayern-Laudshut, Bayeru-
München,

enthält vier ältere Wappen des pfalz-bayrischen Ilauses, wie
solche gewöhnlich gefunden werden, und zwar:

1) Alt-Bayern (Ober- und Niederbayern). Der
Schild enthält 21 ganze Rauten oder Wecken b. und s.,
von der Linken zur Rechten aufsteigend. Der Ilelm mit
den b. und s. Decken Irägt als Kleinod: zwei b. und s.
geweckte (geschlossene) Büffelshörner.

Warum gerade 21 Wecken im bayrischen Schilde sind,
ist nicht bekannt, doch haben wir für diese Zahi einen
sichern Anhaltspunkt in einer Urkunde vom Jahre 1462,
durch welche Herzog Ludwig von Bayern-Landshut der
Stadt Gundelfingen »den dritten taile des Wappens
Bayrlands, das sind siben blaw vnd weiss Wegk«
ins Wappen gibt (Lipowsky, Naz. Garde Almanach 1815,
p. 123). Man findet jedocii fast nirgends diese Zahl von
21 Rauten in den bayrischen Siegeln oder Wappen eingehalten,
theils aus Unachtsamkeit und Unwissenheit der Kiinstler,
theils wegen der Schwierigkeit die Zahl von 21 ganzen
Wecken in richtiger Form und Stellung in jeden Schild
zu bringen und auch in dem jezigen Staatswappen ist
hierüber nichts Bestimmtes ausgesprochen.

2) Pfalz am Rhein. Im ^ Schild ein r.-gekrönter g.
Löwe auf dem Helm ein geschlossener, mit g. Blättern be-
säter Flug, zwischen dessen beiden Fliigeln der g. Wappen-
Iöwe sizt**). Die Decken # und r. (ursprünglich sicher
und g.) Dieser pfälzischeLöwe wurde gleich den bayrischen
Wecken von beiden Linien der bayrischen Fürsten, sowohl
in der Pfalz alsOn Altbayern gefiihrt, und zwar gewöhnlich
im 1. und 4. Feld des gevierten Schildes. Die Fälle, in
denen den bayrischen Rauten der Vorzug eingeräumt wurde,
sind in älteren Zeiten Ausnahmen, so

3) das Wappen des Herzogs Ludwig des Reichen
(Baye rn - La n dshut) v. J. 1469. Der Schild ist ge-
viertet; in 1. und 4. die bayrischen Wecken, in 2. und 3.
der pfälzische Löwe. Auf dem gekrönten Helm ein offe-
ner Flug, zwischen welchem der r.-gekrönte g. Löwe
sizt. Das Ilelmkleinod ist, wie aus dem Vergleich mit
dem vorigen Wappen zu ersehen, das pfälzische mit den
Veränderungen, dass der Flug offen und b. und s. ge-
weckt ist. Die g. Blätter zwischen den Schwingen sind
eine blosse Zuthat. ***)

Hätte man diesen Landestheil besonders beriicksichtigen wolten
so würde man in dem Wappen der Mark-Grafen von Cham jedenfalls
ein entsprechendes Bild gefunden haben.

-**) Ueber diess Kleinod siehe auch unter: Nassau. — Der Merk-
wu'irdigkeit halber führe ich an, dass ich in einer älteren Abbildung den
pfälz. Löwen statt mit einer r. Krone, mit einem förmlichen r. Barett
fand.

***) Auch Herzog Ludwig von B ay er n - In go 1 s t ad t ..graf zu mor-
tany, der kiinigin von frankreyeh prueder“ fiihrte das Wappen in
dieser Weise, w'ie auf dem Denkmal im Kloster Reitenhaslach zu seheii.
 
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