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Seyler, Gustav A. [Bearb.]; Siebmacher, Johann [Begr.]
J. Siebmacher's großes und allgemeines Wappenbuch: in einer neuen, vollständig geordneten u. reich verm. Aufl. mit heraldischen und historisch-genealogischen Erläuterungen (Band 1,5,1,1): Bisthümer — Nürnberg, 1881

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https://doi.org/10.11588/diglit.25072#0014
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2

BISTHÜMER UND KLÖSTER, x. reihe: bisthümer.

des Erzstiftes mit Sicherheit verfolgen und es dürfte in
dieser Zeit auch der Ursprung desselben zu suchen sein.
Die Provinz der Erzbischöfe erstreckte sich ehemals über
den grössten Theil von Deutschland, den ganzen Rhein
entlang, von Strassburg bis Utrecht, von Cöln bis Prag,
wurde aber später beträchtlich geschmälert, so dass nur
12 Suffraganbisthümer übrig blieben. Die Erzbischöfe
waren die Ersten im heil. Rom. Reich teutscher Nation,
und ihr Stuhl wurde nach Rom der Heilige genannt. Sie
waren Erzkanzler durch Germanien und die Ersten Chur-
türsten im Reiche.

Erst von dem heil. Bonifacius dem „Apostel der
Deutschen“ ab wird die Reihe der Mainzer Erzbischöfe
vollständig zusammenhängend. Erzb. Willigis (f 1011)
wird für den ersten Kurfürsten gehalten; doch steht die-
ser Annahme die Thatsache entgegen, dass sich das In-
stitut der Kurfürsten erst nach dem grossen Interregnum
entwickelte, worüber unter „Trier“ näheres mitgetheilt
werden wird. —

Das Domcapitel bestand aus 24 Domherren und 18
Domicellaren. welche alle 16 Ahnen erweisen mussten.

Durch den Frieden von Lüneville sowie namentlich
durch die „allgemeinen Entschädigungen“ im Jahr 1802
wurde der weltliche Besitz des Erzstiftes grösstentheils
zertrümmert. Man liess dem damaligen Kurfürsten Carl
von Dalberg nur das Fürstenthum Aschaffenburg und
übertrug die Würde eines Kurfürsten, Erzkanzlers und
Erzbischofs auf den bischöfl. Stuhl zu Regensburg (s. d.)

Heute ist Mainz ein Suffragan-Bisthum der rheini-
schen Kirchenprovinz unter dem Erzbisthum Freiburg.

Wapp en.

Das Wappen des Erzbisthums Mainz ist ein silbernes
Rad im rothen Felde. — Die verschiedenen Muthmassun-
gen über den Ursprung des Wappenbildes hat 0 etter*)
mit pedantischer Gewissenhaftigkeit zusammengestellt und
widerlegt. Meistens fingirt sind die von der„Mayntzi-
schen Chronik“**) reichlich gegebenen Wappen.

*) 0 etter, Wappenbelustigung III. Stück 1762.

Ebelin g, von dem Erzbischof Willigis, dem angeb-
lichen Urheber des Mainz’schen Wappens sprechend, er-
klärt: „das Rad, ein altes thüringisches Zeichen, befand
sich indessen schon seit der Regierung des Erzbischofs
Wilhelm (954—968)' im kurmainzischen Schild und be-
deutete die Jurisdiction der Erzbischöfe über das Thüringer
Land.“ Dies stützt sich wahrscheinlich auf die unsichere
Angabe v. Falkenstein’s, Erzbischof Wilhelm hätte Mün-
zen geprägt, in denen sich bereits das Rad vorgefunden.
Wilhelm, ein natürlicher Sohn Kaiser Otto’s, hatte von
diesem Thüringen und Hessen als Figenthum erhalten.
— Seltsamer Weise giebt das Schrot’sche Wappenbuch
(1576) das Wappen eines Bisthums „Erdfurdt“ „ein roths
rath im weissen schildt,“ wahrscheinlich, ohne eine Kennt-
niss von dem von Bonifacius gegründeten, aber bald wie-
der eingegangenen Bisthum Erfurt zu haben. Vielleicht
können wir über den Zusammenhang dieser Sache gelegent-
lich später Aufklärung verschaffen.

**) Meyntzische Chronik, VonAnfang der Statt
Mayntz Erbawung biss auff die Regierung dess Hochwür-
digsten Herrn Herrn Johann Schweickarden Ertzbischoffen
vnd Churfürsten Sampt Beschreibung aller vnd jeder die-
ser Statt Bischoffen. Ertzbischoffen vnd Churfürsten vnd
jhrer Wappen, mit jhren zugehörigen Farben illu-
miniret. ^ Franckfurt 1618. 4°. Die Wappen-Holzschnitte
beginnen' schon bei dem hl. Crescenz, einem Schüler
des Apostels Paulus und angeblichen ersten Bischof
von Mainz; nur ist der Schild weiss und die Fläche
mit einer Damascirung ausgefüllt: den Helm ziert die
Bischofsmütze und hinter dem Schilde ist Kreuz und
Krummstab. Bei einigen der folgenden Bischöfe, von

Auf den Schild wurden später zwei Helme gesetzt.
Der 1. ist mit dem Churhute bedeckt, darauf das Rad;
auf dem 2. ruht die Inful auf purpurnem Kissen.

Auf den Tafeln geben wir:

Das Wappen des Churfürsten und Erzbischofs Georg
Friedrich v. Greiffenclau und Vollraths, zugleich
Bischof von Worms (f 1629).

Geviert mit Mittelschild. 1. und 4. das Mainzische
Rad. 2. und 3. Bisthum Worms (s. d.) Mittelschild:
geviert. 1. und 4. Von .Silber und Blau quergetheilt,
darin acht goldene um einen goldenen Ring gelegte Lilien-
stäbe (Greiffenclau). 2. und 3. in Schwarz ein silberner
Sckräglinksbalken (Greiffenclau).

Hinter dem Schild ist ein Kreuz aufrecht, Schwert
und Krummstab ins Andreaskreuz gelegt. Auf dem Schilde
ruhen 4 Helme: 1. mit dem Churhute und Rad (Mainz).

2., mit Kissen und Bischofsmütze (Mainz), 3., auf purpur-
nem Kissen das Worms’sche Schirmbrett, 4., derGreiffen-
clau’sche Greifenfuss. (Taf. 3.)

Das Wappen des Churfürsten und Erzbischofs von
Mainz, sowie Bischofs zu Bamberg, Franz Lothar,
Reichsgrafen von Schönborn (f 1729).

Der Schild ist durch dreifache Spaltung und ein-
malige Quertheilung in sechs Felder getheilt und hat
einen Mittelschild. In 1. und 6. Bamberg (s. d.), 2. und
5. das Mainz’sche Rad. Das 3. und 4. Feld sowie der
Mittelschild beziehen sich auf Schönborn. Der Schild ist
mit den bischöflichen Insignien bedeckt resp. hinterlegt
und von einem prachtvollen fürstlichen Wappenzelte um-
geben. (Taf. 4.)

Das Wappen des letzten Churfürsten und Erzbischofs
von Mainz, Bischofs von Worms und Constanz, Karl
von Dalberg. (Nach dem Lehnssiegel desselben).

Unter einem im Zopfstile gehaltenen Thronsessel
findet sich der h. Petrus in halber Figur, mit einem
Schlüssel in der rechten und einem Buche in der linken
Hand. Darunter in einem Wappenzelte 4 Schilde, die
mit Schwert und Krummstab hinterlegt sind. Der 1. Schild
enthält das Mainz’sche Rad, der 2. Worms, der 3. Con-
stanz. der 4. das Familienwappen Dalberg (Taf. 5).

Die weiteren Veränderungen der Laufbahn dieses be-
rühmten Mannes finden sich unter Regensburg, wo auch
zwei spätere Wappen von ihm abgebildet sind. (Taf. 9
und 10.)

Das jetzige Bisthum Mainz gebraucht noch das
Wappen des früheren Erzbisthums. Wir bringen als Bei-
spiel das Wappen des jetzigen Bischofs, Eraanuel Freih.
vo n Ketteier.

Geviert, in 1 und 4. das Rad, 2. und 3. das Kette-
ler’sche Stammwappen. 3 Helme: 1., auf einem Kr anze
das Rad, 2., auf rothem Kissen die Inful, 3., mit dem
Ketteler’schen Kleinod. Hinter dem Schild sind Kreuz
und Krummstab gekreuzt: ober den Helmen schwebt der
bischöfliche grüne Hut, von dem vier Quasten herabhängen.

denen Legende oder Geschichte den Geschlechtsnamen an-
führt, sind in den Schild Wappenbilder gesetzt. Dem h.
Bonifacius wird schon ein quadrirter Schild ertheilt. Be-
sonders interessant ist das Wappen des bekannten Bischofs
Willigis, welchen die historische Sage für den Sohn eines
Wagners — also eines Bürgers, der nach dem heral-
dischen Gebrauche des 17. Jalirh. den „zielirlichen offenen
freyadelichen“ Turnierhelm nicht führen durfte! — aus-
giebt. Wir sehen hier zum ersten Male das Rad; aber
dasselbe ist vollständig als Geschlechtswappen behandelt.
Auf dem ersten Helme, wo bei den spätem Bischöfen das
Rad zu stehen pflegt, ruht der Fürstenhut; auf dem zwei-
ten die Inful, auf dem dritten, einem bürgerlichen
Stechhelm, dem einzigen in dem ganzen Werke, findet
sich das Rad. So gewissenhaft waren die Heraldiker
jener Zeit, trotz aller Phantasterei!
 
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