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Siebmacher, Johann [Begr.]; Seyler, Gustav A. [Bearb.]
J. Siebmacher's großes und allgemeines Wappenbuch: in einer neuen, vollständig geordneten u. reich verm. Aufl. mit heraldischen und historisch-genealogischen Erläuterungen (Band 1,5,1,1): Bisthümer — Nürnberg, 1881

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https://doi.org/10.11588/diglit.25072#0041
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BISTHÜMER UND KLÖSTER, i. reihe : bisthümer.

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stanz über die nicht ausdrücklich in dem Entschädigungs-
plane anderweitige Verfügung getroffen war, ferner alle
mittelbaren Stifter in Vorarlberg. Diese letztere Zutei-
lung nahm der Orden nicht an, weil sie einen Eingriff in
die Rechte des Hauses Oesterreich darzustellen schien.

Seit der Auflösung der deutschen Reichsverfassung
1806 nahmen die Fürsten die in dem Bezirke ihrer Lande
gelegenen Ordensgüter in Besitz. Am 20. April 1809
hob Napoleon den Orden völlig auf und übergab die
kleinen, hlos noch aus dem Gebiete von Mergentheim be-
stehenden Ueherreste dem König von Württemberg.

Der Hoch- und Deutschmeister, welcher zuletzt den
Titel „Administrator des Ho chme isterthum s in
Preussen, Meister des Deutschen Ordens in
deutschen und wälschen Landen, Herr zu
Freudenthal und Eulenberg“ führte, hatte als
geistlicher Reichsfürst im fürstlichen Collegium den Rang
unmittelbar nach den Erzbischöfen, früher mit Wider-
spruch des Bischofs von Bamberg.

W a p p e n.

Wie wir bereits oben gesehen haben, möchte die
Wappensage die einzelnen Theile des Ordenswappens auf
einzelne Verleihungen beziehen, doch dürfte diesen An-
gaben kein besonderes Gewicht beizulegen sein, obwohl
es durchaus nicht widersinnig ist, wenn wir annehmen,
dass das Wappen die überlieferte Form erst durch ver-
schiedene Zusätze zu dem ursprünglichen einfachen, glat-
ten Ordenskreuze erhalten hat. So dürfte auch das g.
Krückenkreuz, mit dem das Ordenskreuz belegt ist, aller-
dings mit besonderem Bezüge auf das Wappen von Jeru-
salem gewählt sein. Das Wappen des Ordens ist also in
seiner heraldisch vollendeten Form:

Ein mit g. Krückenkreuze und einem Mittelschilde
belegtes glattes jzf Kreuz in S. Der g. Mittelschild ent-
hält einen einfachen ^ Adler.

So finden wir das Wappen in den Siegeln der Hoch-
meister bis Martin Truchsess (1477—1489) unverändert
und zwar ohne Beigabe der Familienwappen der' betref-
fenden Hochmeister (Taf. 55 Nr. 1). Johann v. Tiefen
(1489—1497) wandelt lediglich das Krückenkreuz in ein
Lilienkreuz um. (Taf. 55 Nr. 2).

Diesen letzteren Umstand benützt die Wappensage
in der Weise, dass sie ihn mit einer Verleihung des
Königs Ludwig XI. von Frankreich in Zusammenhang
bringt. Derselbe soll dem Orden gestattet haben, das
Krückenkreuz mit Lilien zu besetzen. Diese Angabe
wäre nun allerdings aus Gründen der Chronologie nicht
zu beanstanden. Indessen spricht doch die Thatsache,
dass bereits in dem Siegel der Komthurei Elbing an
einer Urkunde von 1310 das Lilienkreuz deutlich ausge-
prägt erscheint, mit absoluter Bestimmtheit gegen die
Richtigkeit der angeführten Sage.

Der Hochmeister Friedrich Herzog von Sachsen
(1498—1510) ist der erste, welcher sein Familienwappen
in dem Ordenswappen anbringt. In den durch das Kreuz
gebildeten vier Feldern erscheinen vier Schilde, von denen
der erste den sächsischen Rautenkranz, der 2. und 3.
einen Löwen, der 4. einen Adler enthält, ilaf. 55 Nr. 3).

Sein Nachfolger, der letzte Hochmeister in Preussen,
Markgraf Albrecht, führt zwei verschiedene Wappen-
schilde:

In dem 1. älteren sind die Wappenhilder seines
Hauses direct in die durch das Kreuz hervorgebrachte
vier Felder gesetzt. (Taf. 55 Nr. 5).

In dem 2. jüngeren Wappenschilde, welcher dreifach
gespalten und dreifach quertheilt ist, nimmt das Ordens-
kreuz — und zwar lediglich das Lilienkreuz — das
5. Feld ein, während die übrigen 8 Felder^ durch mark-
gräfliche Wappenbilder belegt sind. (Taf. 55 Nr. 4).

Interessant ist das Wappen, welches der alte Schrot
(1576) dem unter den „drei gefürsteten Bisthümern“ auf-

I. 5.

geführten „Teutschen Meister über Preussen“ giebt. Die
Schrot’sche Beschreibung lautet:

„Der schildt weiss, ein scliwartz Creutz darinnen, in
dem wider ein weiss Creutz mit 4 gelben örtern, in der
mitten ein gelbs schildtlen, darinnen ein schwartzer
Adler.“

Der Schild ist — und diess macht die Gabe des
Schrot’schen Wappenbuches zu einem Unicum — mit dem
Fürstenhut bedeckt und mit einem Schwerte schräglinks
hinterlegt. — Wir bilden das Wappen auf Taf. 61
Nr. 1 ab *).

Bis jetzt scheint ein Helmschmuck bei den Wappen
der Hochmeister nicht gebräuchlich gewesen zu sein,
wenn nicht etwa Hochmeister Friedrich Herzog von Sach-
sen, der ja nachweislich und wie oben bemerkt, zuerst in
der monotonen Ordensheraldik, was den Schild betrifft
eine Aenderung herbeiführte, auch den Helm bereichert
hat. Vossberg wenigstens bemerkt: „Friedrich scheint

der Erste gewesen zu sein, welcher sich in Hinsicht des
Helmschmucks eine Abweichung von der Ordensregel er-
laubte, wie sich aus seinem noch erhaltenen Bildnisse im
Dome zu Königsberg ergiebt.“ Worin diese Abweichung
besteht, finden wir nicht bemerkt.

Von ganz besonderem Interesse ist das Wappen des
Deutschen Ordens mit einem Helms chmuck, wel-
ches wir bei Lorenz Fries in dessen Geschichte der Bi-
schöfe von Würzburg verfasst ungefähr 1546 finden. Ich
schicke voraus, dass Fries — ein höchst geschätzter, ge-
wissenhafter Gesehichtschreiber — fürstbischöfl. Würz-
burg’scher Archivar und aus Mergentheim, der Deutsch-
ordens-Stadt gebürtig war und also wohl als compe-
tent erachtet werden darf, über das Wappen des Ordens
Aufschlüsse zu geben.

Fries erzählt also, dass die Bürger von Lübeck und
Bremen, welche die Feldspitale im Rücken des Heeres der
Kreuzfahrer errichteten, sich dadurch als Krankenwärter
kennbar machten, dass sie ein Stück Segeltuch um sich
hingen und ein schwarzes Kreuz auf dasselbe malten. Zum
ewigen Gedächtnisse an diese erste Entstehung des Or-
dens habe der Oberste desselben auf seinem Helme
einen Mastbaum mit einem weissen Segel, in welchem ein
schwarzes Kreuz steht, geführt.

Wir geben das von Fries mitgetheilte Wappen nach
der Ausgabe der Fries’schen Chronik Würzburg 1848
(Bonitas-Bauer) S. 278 auf unser Taf. 61 Nr. 2. Uebri-
gens sind wir nicht in der Lage, einen speziellen Fall
nachweisen zu können, in dem der Helmschmuck von
einem Hochmeister wirklich geführt worden ist. Viel-
leicht kann man sogar die Frage aufwerfen, ob dieser an-
gebliche Helmschmuck nicht lediglich eine aus missver-
ständlicher Auffassung entstandene Variante des nachfol-
gend zu beschreibenden wirklich geführten Helm-
schmuckes ist ? -

Wir können den factischen Gebrauch der Helmzier
im hochmeisterlichen Wappen erst seit Walther v. Cron-
berg (1526 — 43), dem ersten Administrator des Hoch-
meisterthums nachweisen. Derselbe führte folgendes
Wappen:

Mit dem g. Lilienkreuze, welcher mit dem Adler-
schildchen belegt ist, geviert (Hochmeisterthum). 1. u. 4.
in S. das ^ glatte Kreuz (Deutschmeisterthum). 2. u. 3.
das Wappen Cronberg (geviert 1. u. 4. rothes Feld, 2.
u. 3. im Fisenhutschnitt von B. u. S. quergetheilt.

2 Helme. 1. (Hochmeisterthum) mit einem Schirm-
brett, welches mit dem Lilienkreuz belegt ist. 2. (Cro-

*) Bei dieser Gelegenheit sei angemerkt, dass ver-
schiedene Wappen, die Schrot unter den Bisthümern giebt,
so z. B. „Hilssberg“ , wohl nur als Wappen von Com-
menden des Deutschen Ordens zu bestimmen sind. Das
Wappen Hilssberg ist das vollständige Ordenswappen.

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