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Seyler, Gustav A. [Bearb.]; Siebmacher, Johann [Begr.]
J. Siebmacher's großes und allgemeines Wappenbuch: in einer neuen, vollständig geordneten u. reich verm. Aufl. mit heraldischen und historisch-genealogischen Erläuterungen (Band 1,5,2): Klöster — Nürnberg, 1882

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https://doi.org/10.11588/diglit.27249#0082
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BISTHÜMER UND KLÖSTER, ix. reihe: klgster.

man auf Befehl des Fürsten an der betr. Stelle nach-
grub, fand man drei grosse Kreuze sammt vielen Reli-
quien. (Taf 77j.

Prag

Ko 11 egiat-Kapitel an der kgl. Kapelle Aller-
heiligen im prager Schlosse.

König Wenzel II. wollte an seiner Kapelle Allerhei-
ligen ein Kollegiat-Kapitel gründen und übertrug zu die-
sem Ende einige Jahre vor 1295 an die genannte Kapelle
die Propstei und das Kapitel der Kirche Melnik sammt
allem Vermögen und Zugehör und stiftete noch einen
Dechant und einige neue Kanonikate. Doch schon im
Jahre 1300 war die Propstei und das Kapitel in Melnik
wieder erneuert.

Karl der erstgeborne Sohn des Königs .Johann stiftete
als Mitregent seines Vaters und Markgraf von Mähren im
Jahre 1338 an der k. Kapelle Allerheiligen im prager
Schlosse einen Propst, einen Dechant, eilf Kanoniker und
10 Gehilfen (ministros) welche er reichlich dotirte und
wollte, dass der Propst und die Kanoniker von den Königen
Böhmens präsentirt, die Dechante aber von dem Kapitel
gewählt werden sollen Diese Stiftung bestätigte Papst
Benedikt XII. Später inkorporirte er sein Allerheiligen-
Kapitel der von ihm gestifteten Universität. Am 30.
Juli 1866 gründete er auf der Altstadt das Collegium
Caroli für 12 Magister der freien Künste, die daselbst
beisammen wohnen und ihre Lesungen halten mussten.

An dem nemlichen Tage aber verordnete König Karl II.,
dass künftighin zu den Kanonikaten bei Allerheiligen
Niemand anderer als der Senior des Collegium Caroli
präsentirt werden durfte, dass hievon die beiden Präla-
turen ausgenommen sein sollen, dass kein Kanonikus die
•Einkünfte seiner Präbende beziehen soll,, wenn er nicht
wirklich Lesungen hielt, ausser er wäre durch Krankheit
oder Alter verhindert; die Pflichten, welche sie in der
Kirche zu erfüllen hatten, wurden ihnen erleichtert, und
damit sie ihren Studien und Lesungen um so bequemer
obliegen konnten, schenkte Karl II. den zu Kanonikern
beförderten Magistern ein Haus auf der Kleinseite und
gründete ein zweites Collegium, welches Collegium Om-
nium Sanctorum genannt wurde. Diese Stiftung wurde
vom Papst Urban V. gleichfalls bestätiget. Der Dechant
Ulrich von Sulzbach aber erbaute im Jahi e 1375 für sich
und seine Nachfolger bei der Kirche ein eigenes Wohn-
haus.

Bald aber führten ungünstige Zeitverhältuisse das
Allerheiligen Kapitel seinem allmähligeu Verfalle ent-
gegen. Das Kapitel verkaufte Besitzungen gegen Zinsen;
König Sigmund entzog ihm das Recht der freien Dechants-
wahl; verpfändete dessen Besitzungen und Zinsungen,
deren Auslösung dem Kapitel unmöglich wurde; auch die
Wohnungen der Kanoniker in dem Collegium Omnium
Sanctorum gingen verloren, nachdem die Universität
die hussitische Lehre angenommen hatte; die Dechantei
und Allerheiligen Kirche wurde im Jahre 1541 ein
Raub der Flammen, die Kirche wurde zwar im Jahre
1580 von der verwittweten französischen Königin Elisa-
beth, einer österreichischen Erzherzogin in gegenwärtiger
Gestalt wieder aufgebaut, aber an derselben befanden sich
ausser dem Propst und Dechant nur noch zwei Kanoniker.

Kaiser Ferdinand II. wurde im Jahre 1623 der Re-
staurator des Allerheiligen Kapitels, indem er dem Propst,
dem Dechant und dem Kapitel die zwei Dörfer Chotec
mit einem Maierhof und einem Brauhaus und Zbuzan
schenkte. Dessenungeachtet aber wussten sich die Dech-
ante in den Alleingenuss von diesen Dörfern zu versetzen
und der Propst war auf die Zinsungen aus dem Dörfchen
Vstedudy beschränkt Daher gründete der Propst Jo-
hann Franz Christoph Freiherr von Talmberg im Jahre
1673 mit einem 6% Kapital von 15,000 Gulden für sich

und seine Nachfolger eine Stiftung. Seit dem Jahre 1730
wurden nur Ehrenkanoniker ernannt. Seit der Errichtung
des k. k. theresianischen Damenstiftes, in welches der
Allerheiligen Dechantei Gebäude einbezogen wurde, be-
sitzt das Kapitel auch nicht ein einziges Kapitelhaus.
Endlich wurde die im Jahre 1819 erledigte Propstei und
die im Jahre 1822 erledigte Dechantei nicht mehr be-
setzt und der ganze Ertrag des Kapitalvermögens als
Interkalare bis zum Jahre 1838 in den Religionsfond ab-
geführt. während welcher Zeit die ohnehin sehr vernach-
lässigten Gebäude in Chotec noch mehr in Verfall kamen.

Hierauf im Jahre 1887 sprach Kaiser Ferdinand der
Gütige seinen festen Entschluss dahin aus, dass das

Allerheiligen Kapitel nicht nur erhalten, sondern auch in
einem dem Willen seiner Stifter angemessenen Stand ge-
setzt werde; und bestimmte als Regel, dass das Kapitel
aus einem Propste und einem Dechante mit je einer
Präbende von 600 fl. Conventionsmünze und so vielen

Kanonikern mit je einer Präbende von 300 fl. Conven-
tionsmünze , als deren Präbenden in dem Ertrage des
Kapitelvermögens ihre Bedeckung finden, bestehen soll;
dass der Dechant das Kapitelvermögen unter der Mit-

wissenschaft des Propstes verwalten und dem Kapitel
Rechnung zu legen hat, dass der Propst und Dechant
nebst ihren Präbenden die für sie gemachten Zustiftungen
zu gemessen haben; dass die Dignitäten und Kanonikate
residential und landesfürstlichen Patronates sind: dass
zu Kanonikaten nur zu Prag wohnende und bei öffent-
lichen Lehr- und Erziehungsanstalten angestellte Welt-
priester in Vorschlag zu bringen seien; dass bei dem

Vorschläge für die Propstei auf den von dem Zustifter
Freiherrr von Talmberg festgesetzten Adelsvorzug der ge-
hörige Bedacht zu nehmen ist.

Diese Regulirung des Allerheiligen Kapitals ist bereits
so weit gediehen, dass es gegenwärtig aus einem Propst,
einem Dechant und vier Kanonikern besteht.

Wappen.

Im s. Felde ein g. Ordensstern helegt in der Mitte
mit einer Krone, durch welche in Form eines Andreas-
kreuzes ein gr. Palmblatt und ein Scepter gesteckt sind,
Verschiedene s. Spruchbänder mit goldenen Inschriften:
ober der Krone: GLORIA ; rechts neben der Krone : HAEC
links: EST unten OMNIBUS SANCT1S. Rechts auf dem
Schilde ruht die Inf'ul, links steckt der Krnmmstab, da-
zwischen schwebt ein Stern. Ueber dem Ganzen schwebt
der Prälatenhut mit zwei Quasten. (Taf. 85).

Pröpste.

1) Ulrich, früher Propst von Melnik — erscheint
am 8. Januar 1295 als Propst bei Allerheiligen am 15.
August 1800 als Propst des wieder hergestellten Melniker
Kapitels.

2) Johann Ocko von Wlas'sim Domherr in
Breslau — erscheint am 13. Januar 1342 als Propst bei
Allerheiligen — wurde 1351 Bischof in Olmiitz; später
Erzbischof von Prag und Cardinal.

3) Peter von Rosenberg Domherr in Prag, Pas-
sau und Olmiitz Als Propst erscheint er am 16. April
1358 und starb am 16. November.

4) Johann Sadlo von Smilkow, prager Kano-
nikus, erscheint als Propst vom 9. November 1386 bis
15. September 1406.

5) Zdisaus Chrt (Canis) prager Kanonikus — er-
scheint als Propst in einer Urkunde vom 20. Juni 1407.
Er starb zu Ende des Jahres 1411.

6) Zdenko von Labun Dechant bei Allerheiligen
wurde am 8. Januar 1412 zum Propst installirt und er-
scheint noch in einer Urkunde vom 18 November 1418.

7) Sigmund von Bud weis, prager Kanonikus und
Propst zu Leitmeritz — wurde um 1420 Propst bei
 
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