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Sieglin, Ernst von; Watzinger, Carl [Hrsg.]; Schreiber, Theodor [Hrsg.]
Expedition Ernst von Sieglin: Ausgrabungen in Alexandria (Band 2,1B): Malerei und Plastik — Leipzig, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.27682#0043
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ALEXANDER DER GROSSE UND PTOLEMÄER

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Philometors Schwester, Kleopatra Thea, ist die erste Ptolemäerin, die als syrische
Königin mit dieser ägyptischen Frisur auf Bronzemünzen ihres Gatten Alexandrosl
Balas (150 —146 v. Chr.) erscheint (Svoronos I, Sp. X7te' unten; Brit. Museum,
Seleucidae, Tafel XVII 6). Die eine gedrehte Locke vor dem Ohr ist deutlich; unter
dem Schleiertuch heben sich auch, wie es scheint, die langen, in den Nacken fallen-
den Korkzieherlocken noch heraus. Vor dem Schleier wird im Haar ein Diadem
oder vielleicht der Rand eines Kranzes sichtbar. Dieselbe Frau hat dann als Regentin
für ihren Sohn Antiochos VIII Grypos (125—121 v. Chr.) und später mit ihm zu-
sammen ihre ägyptische Abstammung durch eine ähnliche, aber jetzt der Libye auf
den kyrenäischen Münzen entsprechende Frisur betont (Svoronos I, Sp.xnT; Brit.
Museum, Seleucidae, Tafel XXIII 1—4). Ihre Stirn ist hier von den kurzen
Korkzieherlocken umrahmt, über die Ohren hängen gedrehte Locken, nach hinten
länger werdend, herab und verschwinden unter dem Schleier. Auf den Kupfer-
stücken derselben Zeit greift die Königin wieder auf die Ägyptusfrisur ihrer Anfänge
zurück. Es verdient immerhin Beachtung, dass in der zweiten Hälfte des 2. Jahr-
hunderts eine ägyptische Prinzessin sich ausserhalb Ägyptens in dem offiziellen
Bildnis der Münzen zum erstenmal in ihrer Haartracht als Ägypterin vorstellt. Denn
diese ägyptische Haartracht ist von den ptolemäischen Königinnen auf ihren Münzen
in Ägypten nie übernommen worden; sie halten hier stets an der griechischen sog.
Melonenfrisur fest, wie dies auch zu dem ausgesprochen griechischen Charakter der
alexandrinischen Münze passt. Dass die Tracht der Libye um 300 v. Chr. im Volk
üblich war und wohl von Frauen libyscher Herkunft getragen wurde, veranschau-
lichen jetzt sehr schön die realistischen Bilder des Petosirisgrabes, wo bei der Ernte
und in den Prozessionen mit den Opfergaben einzelne Frauen aus dem Volk in dieser
Tracht erscheinen1.

An diese Volkstracht haben also die Stempelschneider der Münzen angeknüpft,
als sie die Münztypen der Libye schon zur Zeit des Philadelphos für Kyrene und
später unter Epiphanes die der Ägyptus für Alexandria schufen. Die Verbindung
der gedrehten Seitenlocken mit sonst griechischer Frisur, wie sie der Ägyptus
eigentümlich ist, kommt genau so bei den oben besprochenen Isisstatuen und Porträt-
köpfen vor, und es darf die Frage aufgeworfen werden, ob die Schöpfung dieser
Typen mit ihrer Anlehnung an eine einheimische Haartracht nicht gleichzeitig mit der
Einführung des Bildes der Ägyptus auf den Münzen des Epiphanes erfolgt ist oder
wenigstens nicht vor die Zeit des Philopator zurückgeht, unter dem zuerst Isis auf

1 Vgl. Lefebure, LeTombeau de Petosiris I 76; III,Tafel 13, 14: Ährensammlerin in dem Erntebild an der Ost-
wand des Pronaos; Tafel 35, 36 rechts: Kapelle, Sockel Mitte oben; Tafel 46: Westwand, Mitte unten.
 
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