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Sieglin, Ernst von; Watzinger, Carl [Editor]; Schreiber, Theodor [Editor]
Expedition Ernst von Sieglin: Ausgrabungen in Alexandria (Band 2,1B): Malerei und Plastik — Leipzig, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.27682#0049
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ALEXANDER DER GROSSE UND PTOLEMÄER

27

Nach dem geradlinigen Abschluss des Gesichts über der Stirn möchte man den
Kopf sich so vervollständigt denken, dass die Fortsetzung der gedrehten, kleinen
Löckchen nach oben durch eine horizontale Stirnbinde verdeckt war. Als Abschluss
der Ergänzung dann eine Geierhaube anzunehmen, legt ein Vergleich mit dem Cameo
der SammlungTyskiewicz (Fröhner, CollectionTyskiewicz, Tafel 33,5; Furtwängler,
Gemmen, Tafel 61, 47) nahe, der das Porträt einer griechischen Frau, nach den
Attributen der Isis einer Ptolemäerin, in griechischem, leicht archaisierendem Stil
zeigt. Unter der glatten Stirnbinde kommen die kleinen gedrehten Locken in
derselben Weise hervor wie bei dem Sieglinschen Kopf und verschwinden ebenso
nach der Stirnmitte zu. Den Oberkopf umschliesst der Leib des Geiers mit den
grossen Flügeln; sein Hals und Kopf sind weggebrochen, ebenso die Isiskrone, die
oben auf dem Scheitel sass. Den griechisch-ägyptischen Isistypus, der diesem Porträt
zugrunde liegt, kennen wir aus zahlreichen Stuckformen für Terrakotta- und Bronze-
statuetten (Edgar, Greec Moulds Nr. 32050 Tafel 22, 32051 Tafel 10 und 32052
Tafel 29; Rubensohn, Silbergerät Nr. 65 Tafel 18), aus Bronzestatuetten selbst
(z. B. Rubensohn a.a.O., 76 Abb. 10) und aus einem römischen Marmorkopf aus dem
Gebiet des Isistempels in Rom (Amelung, Bull. Comm. 1897 XXV118 Tafel 8; Delbrück,
Porträts Tafel 28; Hekler, Jahreshefte 191 1 XIV 119; Lawrence a.a.O. 189). Die
Göttin trägt die ägyptische Perücke, die bisweilen in einen abgestuften Aufbau ge-
drehter Locken umgedeutet ist. Die Locken umrahmen in regelmässiger Anordnung
auch die Stirn, aber die glatte Binde, die auf dem Cameo die dargestellte Frau als
ptolemäische Königin kennzeichnet, fehlt bei der Göttin.

Trotz der harten Arbeit sind bei dem Sieglinschen Kopfe die Porträtzüge unver-
kennbar. Sie sind in einer etwas stilisierenden, offenbar bewusst an ägyptische
Vorbilder anknüpfenden Weise wiedergegeben, sodass zwischen strenger Form und
weicher Fülle des Gesichts ein Missverhältnis entsteht und das Gesicht einen eigen-
tümlich koketten Ausdruck erhält. Diese archaisierende Auffassung im Verein mit
den schwellenden runden Wangen, den Grübchen neben dem kleinen Mund und dem
kleinen spitzen Kinn verbieten eine allzu hohe Datierung innerhalb der hellenistischen
Zeit. Vor dem weiteren Verlauf des 2. Jahrhunderts dürfte eine solche Formgebung
kaum denkbar sein. In dieser Zeit bieten auch die Münzbilder ptolemäischer
Königinnen gut vergleichbare Typen; am meisten ähnelt der Frauenkopf Nr. 8 dem
der goldenen Oktadrachme Svoronos III, Tafel 55, 4, die nach Svoronos IV 311 zur
Vermählung der Kleopatra III mit Ptolemaios VIII Euergetes II142 v. Chr. geschlagen
worden ist. Hier ist dieselbe Verbindung eines spitzigen Profils in der Formgebung
von Nase, Mund und Kinn mit den rundlichen schwellenden Wangen zu beobachten.
 
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