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Sieglin, Ernst von; Watzinger, Carl [Editor]; Schreiber, Theodor [Editor]
Expedition Ernst von Sieglin: Ausgrabungen in Alexandria (Band 2,1B): Malerei und Plastik — Leipzig, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.27682#0120
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92

GÖTTER

im Gegensinn zu den anderen Bildern bewegt und demgemäss ist auch das Stand-
motiv umgekehrt, sodass die ganze Haltung den Kontrapost der Glieder bei Polyklet
genau widerspiegelt. Weit alle anderen Wiederholungen überragend steht an der
Spitze dieser Gruppe die Aphrodite vonKyrene1. L. Curtius (Die Antike 1925 I 36)
hat die persönliche Leistung ihres Schöpfers gewürdigt; seiner Datierung des Originals
in die Zeit des pergamenischen Altars vermag ich aber nicht zu folgen. Sie verkennt,
wie Ed. Schmidt (Festschrift für Arndt 108 undAnm. 14) richtig ausgesprochen hat,
die deutlich fühlbare klassizistische Grundstimmung des Werkes, die nicht nur in dem
polykletischen Motiv, sondern auch in Einzelheiten der Form sich geltend macht
und schwerlich erlaubt, das Original vor das 1 .Jahrhundert v. Chr. zu datieren.

In Alexandria ist das frühhellenistische Bild der Anadyomene durch Hinzu-
fügung eines Gewandes um den Unterkörper weiter abgewandelt worden. Der
Mantel wird um die Hüften gelegt, seine Enden fallen zwischen den Beinen herab.
Vielfach ist dann nur der nackte Oberkörper in Marmor ausgeführt wie bei Nr. 73;
der Unterkörper mit dem Gewand war dann aus anderem Material (Holz mit Stuck
oder Bronzeblech?) hinzugefügt. In der schrägen Lage des Mantels um die Schenkel
stimmt derTorso aus Horbeit im Louvre(Michon, Mon. Piot 1914 XXI163,TafelXVI)
mit Nr. 72 überein; das Gewand ist nur bei der Statuette noch weiter herabgeglitten.
Ebenso ist auch der Torso aus Bengazi (Mon. Piot 1906 XIII 1 17, Tafel X) durch
ein Gewand, das nur um die Oberschenkel geschlungen war, zu ergänzen; das
gesamte Motiv veranschaulicht z. B. die Bronze im Louvre (De Ridderl Nr. 770,
Tafel 53). DerTorso Nr. 73 bringt im Gegensatz zu der sonst durchgehenden
Übung das Motiv im Gegensinn; aber die Haltung der Arme, des hocherhobenen
linken und des an die Brust herangeführten rechten Armes, lassen zusammen mit
der Formgebung des Körpers keinen Zweifel, dass das praxitelisch-alexandrinische
Bild zugrunde liegt2.

78. Kopf des Dionysos. Früher Sammlung Herold. Dresden Inv. 2600/A 57.Abb. 29.

Grobkörniger, weisser Marmor. H. 9,2 cm.

Hals unter dem Kinn gebrochen, in der Bruchfläche Rest eines Bohrloches.
Nase, Oberlippe und rechte Wange bestossen. Das Haar ist über die Ohren

1 Ghislanzoni, Notiziario II 58; Mariani, Bollettino d’Arte 1914 VIII 171; Bagnani I. H. S. 192 1 XLI 234.
Aufzählung der Wiederholungen bei Ed. Schmidt a. a. O. Anm. 15; auch die Statuette der Sammlg. Nelidow aus Kyzikos,
Furtwängler a. a. 0.Tafel I, und derTorso der Sammlg. Dutuit (Coli. DutuitTafel XXXV 34; Reinach, Rep. II 803, 6)
gehören in diese Reihe.

2 Eine selbständige hellenistische Schöpfung einer Anadyomene aus anderem Kunstkreis ist in zahlreichen, z. T.
von Furtwängler a.a.O. zur Aphrodite aus Pompeji in Neapel (Tafel III) zusammengestellten Kopien erhalten; vgl.
auch Amelung, VatikankatalogII Nr.433, Tafel 75; Helbig, Führer3 I251.
 
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