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Sieglin, Ernst von; Watzinger, Carl [Hrsg.]; Schreiber, Theodor [Hrsg.]
Expedition Ernst von Sieglin: Ausgrabungen in Alexandria (Band 2,1B): Malerei und Plastik — Leipzig, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.27682#0137
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TORSEN, STATUETTEN, FRAGMENTE

105

Loslösung des Mantelzipfels auf der linken Schulter allerlei fremde, die stilistische
Einheit störende Züge hineingetragen.

97. Männlicher Torso, Statuette. Früher Sammlung Reinhardt. Stuttgart Inv. 49 1.

Abb. 40. Goldgelber Alabaster mit senkrechter Äderung. H. 14,7 cm.

Beide Unterschenkel mit den Knien, beide
Unterarme, der grösste Teil des Halses und Kopfes
weggeschlagen. Ein nackter Jüngling steht ruhig
in Vorderansicht, das linke Bein etwas zur Seite
gestellt, fest auf dem rechten Bein. Er trägt einen
Mantel, der auf der rechten Schulter mit einem
grossen Knopf zusammengehalten wird und auf
den linken Oberarm in Falten emporgeschoben
ist. Der rechte Unterarm war nach seinem er-
haltenen Ansatz schräg vorgestreckt, wie auch
der Puntello oben am rechten Oberschenkel zeigt.

Der linke Unterarm muss nach der Bewegung der
Chlamys gehoben gewesen sein; die unsichere
Spur eines Puntello vorn am linken Oberschenkel
könnte dann mit einem Attribut in der linken Hand
in Verbindung stehen.

Die strenge flächenhafte Gliederung der Muskulatur, die kleinen Löckchen der
oben gerade abschliessenden Pubes, die starken Schenkel, die tiefe Einziehung des
Rückens und die Haltung lassen Anschluss an ein Vorbild aus dem 5. Jahrhundert
vermuten, das etwas hart und unklar wiedergegeben ist. Das Original wird man
sich nach dem Stellungsmotiv und der Behandlung der kräftigen Muskulatur im
Kreise der argivischen Schule, am ehesten wohl der des Polyklet, entstanden denken.
Verwandt ist die Haltung und die einstige Bewegung der Arme bei dem Jünglings-
torso mit ähnlich angeordneter Chlamys im kapitolinischen Museum (Jones, Museo
Capitolino I 42, Nr. 42, Tafel 6; Arndt, E.A. 405). Die kapitolinische Statue ist je-
doch jugendlicher in ihrer Erscheinung und weicher im Körperbau, sodass sie nicht
unmittelbar auf dasselbe Original zurückgehen kann wie der Sieglinsche Torso.
Der Ergänzer hat sie als Hermes aufgefasst und durch Kerykeion, Beutel und einen
nicht zugehörigen Hermeskopf vervollständigt. Die Deutung auf Hermes scheint
 
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