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diesem Sinne ist auch das Füllhorn zu erklären, welches
Annona von der Ceres angefüllt mit ihren Gaben erhalten
hat, um dieselben der Stadt Rom zu übermitteln Es folgt
dann von Hadrian an die zweite Reihe der Annonamünzen,
auf denen die Gottheit neben Aehren, Modius und Schiffs-
vorderteil das Füllhorn oder das Steuerruder führt, sei es,
dass, wie ich glaube, der Begriff der natürlichen Fülle, oder
der des Seetransportes stärker hervorgehoben werden soll.
Dass auf dem erwähnten Sarkophag einmal Füllhorn und
Steuerruder zugleich der Annona zuerteilt sind, darf nicht
Wunder nehmen, sondern erklärt sich leicht aus der Be-
quemlichkeit des Künstlers, der den gebräuchlichen Fortuna-
typus zum Vorbild nahm und dabei doch nicht zu fürchten
brauchte, unverständlich zu werden, weil, wie schon Brunn1)
bemerkt hat, die Gestalt durch die Früchte im Schurz und
den neben ihr stehenden Getreidescheffel mit Aehren hin-
reichend als Annona gekennzeichnet wird. Aber noch eine
andere Ueberlegung führt bei der Annona dazu, das Füllhorn
in ihrer Hand als Symbol der natürlichen Fülle zu deuten.
Schon im Beginn der Kaiserzeit gewinnt die dem Römer
eigene ,rein begriffliche Auffassung der Gottheit in manchen
Fällen eine physikalische oder astronomische Färbung. Auch
der Annona fehlt ein solcher Beigeschmack nicht, wie schon
der Name zeigt. In ihm spricht sich nämlich das alljährliche
Wiederkehren der Getreidereife aus, welches die Versorgung
der Hauptstadt bedingt. Unter diesem Gesichtspunkte be-
trachtet, hören alle näheren Beziehungen zur Fortuna auf,
und wir nähern uns einer anderen Gruppe von Wesen, die
in der römischen Kunst verwandt weiden, um den abstrakten
Begriff der Zeit auszudrücken. Hieher gehören vor allem
die Personifikationen der vier Jahreszeiten, die in analoger

*) Sifarangsbor. 1881 pag. 120.
 
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