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Simon, Karl; Frankfurter Kunstverein (Frankfurt am Main) [Contr.]
Hundert Jahre Frankfurter Kunst, 1832 - 1932: 10. Mai bis 15. Juli 1932 — [Frankfurt]: Frankfurter Kunstverein [u.a.], 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.61408#0006
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(JOl^eniger als die politische Geschichte läßt sich die Geistesgeschichte
durch scharfe Einschnitte nach Jahreszahlen in ihrem Verlaufe
gliedern. So bezeichnet auch das Todesjahr Goethes keinen solchen Mark-
stein im literarischen Leben unseres Volkes. Oie klassisch-romantische
Richtung schwingt langsam aus, und andererseits beginnt eine neue Ent-
wicklung schon zu Goethes Lebzeiten; ja, an einzelnen Stellen glaubt man
bereits den Heraufkommenden „Realismus" am Horizont sich abzeichnen
zu sehen. Aehnliches gilt von der bildenden Kunst der Zeit. Und doch ist
hier wie dort der Anfang der 4830 er Jahre als so etwas wie eine
Wasserscheide zu spüren.
Oer Klassizismus reicht in einzelnen Vertretern bis in die zweite Hälfte
des Jahrhunderts hinein, und der noch von Goethe geförderte Fr. Preller
beginnt gerade 4832 den ersten Zyklus feiner heroischen Odyssee-Land-
schaften. Daneben war die Romantik (wenn man diesen in allen Farben
schillernden, aber kaum entbehrlichen Begriff gebrauchen darf), und als
befondere Spielart das „Nazarenertum" in Rom aufgekommen, gegen das
als „neudeutfch-religiös-patriotifche Kunst" sich Goethe und H. Meyer ge-
wendet Hatten. Im Lauf der zwanziger Jahre verlor diefes an Schwung-
kraft, und seine Hauptvertreter kehrten nach Deutschland zurück. W. Schadow
übernahm das Direktorat der Düsseldorfer Akademie (4826), und gerade
sie sollte ein Sitz des neuen Geistes werden, dessen Physiognomie am
Anfang der dreißiger Jahre deutlicher wurde.
Eins seiner Kennzeichen war auch das Bestreben, die Anteilnahme weiterer
Kreise eines „Publikums", d. H. besonders des jetzt auch nach politischer
Mündigkeit strebenden liberalen Bürgertums zu gewinnen. Symptomatisch
dafür war die Gründung eines „Kunstvereins für Rheinland und West-
falen" (4829). Unfere Stadt folgte noch im gleichen Jahre mit dem
„Frankfurter Kunstverein"; aber erst in Goethes Todesjahr findet sich ein
öffentliches Zeugnis für eine Beachtung seiner Wirksamkeit. 4830 war
endlich durch die Berufung PH. Veits als Direktor die Bahn für eine
gedeihliche Entwicklung des Städel'fchen Kunstinstituts frei geworden.
4833 bereits wurden die alten Räume zu eng und mit neuen vertachcht.
Ein Jahr vorher begann Veit fein großes Monumentalwerk: „Die Ein-
führung der Künste in Deutschland" — die einzige Verkörperung jener

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