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Sitzungs-Berichte der Archäologischen Gesellschaft zu Berlin — 1.1886

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https://doi.org/10.11588/diglit.5974#0015
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gen können nun aber weder prinzipielle noch selbst
künstlerische Gesichtspunkte den Ausschlag geben, in
Betracht kommt lediglich das, was gewissenhafte vor-
urteilslose Beobachtung lehrt und was sich daraus
mit Sicherheit folgern läfst. Nur dieses dürfen wir
zur Grundlage unserer Anschauung machen, gleich-
viel, ob es unseren Geschmack befriedigt oder nicht;
und wo wie hier das Ergebnis naturgemäfs ein un-
vollständiges bleibt — denn von der farbigen Er-
scheinung eines dorischen Tempels werden wir bei
dem Fehlen des Akroterienschmuckes und aller übri-
gen dekorativen Zuthaten vielleicht niemals eine voll-
kommen zutreffende Vorstellung gewinnen — ist es
immer besser, zu wenig als zu viel behauptet zu
haben. —

Herr Adler besprach einen nach seinen Angaben
in '/3 der Originalgröße von dem Bildhauer Tondeur
ausgeführten und zur Stelle gebrachten ßestaurations-
versuch des Hermes des Praxiteles. Bei demselben
handelte es sich, da die fehlenden Unterschenkel unter
Benutzung des gefundenen rechten Fufses durch Prof.
Schaper nach Gröfse und Stellung richtig ergänzt
worden sind, um die Hinzufügung des rechten Armes
des Hermes nebst dem Attribute, welches derselbe
gehalten hat. Kach Ansicht des Vortragenden können
die bisherigen, teils nur litterarisch vorgeschlagenen,
teils plastisch durchgeführten Versuche jenes Körper-
teils nicht befriedigen, wenn man den inneren Zu-
sammenhang der Gruppe, insbesondere die Kopfstellung
beider Figuren und den kleinen Mafsstab des Dionysos-
kindes genauer erwägt. Das Kind verlangt mit eifri-
ger Geberde nach einem Gegenstande, welcher seine
Aufmerksamkeit lebhaft erregt hat. Dieser Gegen-
stand mufs klein gewesen sein, um den kleinen Händ-
chen, welche danach greifen, zu entsprechen und nicht
des Kindes Furcht zu erregen (folglicli keine grofse
Traube, kein Thyrsusstab), andererseits mufs er so
 
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