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Spahn, Martin; Veit, Philipp [Ill.]
Philipp Veit — Künstler-Monographien, Band 51: Bielefeld, Leipzig: Velhagen & Klasing, 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.74632#0018
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Philipp Veit.

verdichten, ähnlich wie der Poet es mittels
der Wortbilder thut. In jenem Falle ent-
springt der Drang zum Malen einem leb-
haften Gefühl für die Schönheit und das
Charakteristische des Sinnlichen. In diesem
schafft er aus den Tiefen übersinnlicher
Ideen heraus. Demgemäß wird sich die
malerische Befähigung, wenn sie vorwiegend


Abb. 10. Graf Gröben (oder Graf Canitz?).
Bleistift-Zeichnung in Veits Feldbrieftasche.
Im Besitze der Frau von Longard zu Sigmaringen.

bildnerisch ist, leicht schon in früher Jugend
lebendig regen, sobald das Auge die Dinge
um sich her zu beobachten anfängt. Da-
gegen wird ihre Stärke gewöhnlich erst in
späteren Jahren deutlich werden, wenn sie
mehr dichterischer Anlage ist: denn hier
muß der Maler, bevor er sich zum Malen
getrieben fühlt, geistig gereift sein. Und
bei Philipp Veit, dem Träumer und Lyriker,
war sie vorzüglich dichterisch.

II.
Simon Veit dachte zu ehrenwert, als
daß er seine Kinder lange gepeinigt hätte.
Sobald er sich der Beharrlichkeit ihrer
Neigung zum Christentum versichert hatte,
entließ er sie im Herbste 1808 nach Dresden,
damit sie dort mit ihrer katholisch ge-
wordenen Mutter zusammen-
träfen und die nächsten Jahre
ihrer künstlerischen Ausbil-
dung widmeten.
Im September 1808
langte Philipp, erst fünfzehn-
jährig, in Dresden an. Er
hatte mit der Gewißheit über
seinen Beruf festen Boden
unter die Füße bekommen.
Heiteren Herzens mischte er
sich jetzt auch wieder unter
die Menschen. Und Zeiten
erneuter harmonischer Ent-
faltung seines Menschentums
und schaffensfrohen Strebens
in der Kunst folgten auf die
Berliner Tage der Miß-
stimmung. Fremde fesselte
er bereits durch eine kräftige
und hochgewachsene Gestalt.
Sein ausdruckvolles, aber
jugendlich unschuldiges Ge-
sicht offenbarte die jüdische
Abkunft. Zwei dunkle, seelen-
volle Augen schauten blitzend
daraus hervor. Sein Be-
nehmen war zutraulich und
bestimmt, und er schien ruhig
und bescheiden. Schon be-
gann auch seine Persönlich-
keit den Zauber auf seine
Bekannten zu äußern, der ihr
im Verkehre immer eigen
blieb; ein Mann wie der
Philosoph G. H. Schubert

hat es bezeugt. Philipp ist in dessen
Familie zu Dresden daheim gewesen, und
an einem Weihnachtsabend hat er ihm das
Töchterchen vom Flammentod errettet.
Philipps Lehrer in der Kunst wurde
Matthäi, ein tüchtiger und ernster Meister,
der kurz zuvor aus Italien nach sechs-
jährigem Aufenthalte wiedergekehrt war.
Der junge Anfänger schloß sich ihm in
Bewunderung an und zog sogar zu ihm
 
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