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Springer, Anton
Die Hegel'sche Geschichtsanschauung: eine historische Denkschrift — Tübingen, 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.29909#0095
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versuch darzustellen oder den vorbereitenden Charakter dersel-
ben g-eltend zu rnachen. Nach ciner mehr doginatischen als
historischen Erörternng des Christenthums geiangt er an dasby-
zantinischeKaiserthum, das er als eine Verirrung des Christenthums
in einen bereits verfaulten ßoden auffasst, und welchem er jede
auch die geringste Bedeutung abspricht. Und doch ging das
ganze Abendland durch den byzantinischen Geist hindurch, doch
existirt dieser noch immer bei den Ostslawen. Das eigentliche
Mittelalter konunt gar sehlecht weg. Es gilt ihin einfach als Vor-
bereitungszeit auf den Protestanlismus, trotzdein dass das Haupt-
volk des Mittelalters, die Italiäner auf die Reformation gar nicht
eingingen; er findel darin nur den Zustand der Unfreiheit und
Unselbstständigkeit, des Irrthuins und der Reaktion (was wohl
auf unsere modernen Romantiker, aber nicht auf die ecliten gut-
körnigen anwendbaristd, er behandelt es als blossen Durchgangs-
punkt, weil ihm unter den christlichen Gläubensformen nur die
protestantische in sein System, also auch in die Geschichte passt,
fasl als Zuchtrulhe di>r Menschheit, sein Gipfel —die romantische
Kunst bedeutet ihm bloss den Verfall der ßildungsform, der in
Wahrheit erst dann erfolgt, bis der Gipfel erklommen ist, — kurz
das Mittelalter müsste nach Hf.oei, alle seine Zeitgenossen zu den
ungliicklichsten Geschöpfen gestempelt haben, weil ihm die Frei-
heit und die Versöhnung vollständig abgeht. Und doch dauerte
es ein Jahrtausend! Erst die Reformation verschafft wieder der
Freiheit einige Luft und Bewegung, erst liier wird das Christen-
thum wirklich, und damitauch die Freiheitsentwicklung geschlos-
sen. Denn der Geist weiss sich als freien, der das an und für
sich Ällgemeine will. Für die folgende Zeit ldeibt nichts Ande-
res iibrig, als noch die Moral und heilsame Nutzanwendung aus
derFabel zu ziehen und dann die Schlafmütze aufzusetzen. Gute
Nacht Menschheit! Doch nein, nocli ein Problem hat die Zukunft
aufzuknacken. S. 541 heisst es bei Gelegenheit der Erörterung
des Liberalismus: „Der Wille der Vielen slürzt das Minislerium
und die bisherige Opposition tritt nunmehr ein; aber diese, in-
 
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