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Springer, Anton; Osborn, Max [Hrsg.]
Handbuch der Kunstgeschichte (Band 5): Das 19. Jahrhundert — Leipzig, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.30792#0020
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Erster Abschnitt: 1750—1819.


2. Magdalena, von A. Canova. Passagno, Canova-Tempel.
Weichliche und Kraftlose, das Überfeinerte und Seelenlose, die Vorliebe für süßliche Helden
und gezierte Frauen, das stetige Zurückfallen in unwahre Situationen und eine hohle Aktion,
konnten auf diese Art nicht gründlich beseitigt werden.
In der Architektur tritt der klassische Stil, auf die reichere und genauere Kenntnis antiker,
auch griechischer Bauformen gestützt, bald nach der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts in Wirk-
samkeit. Die Sänlenordnungen, die Gebälkeglieder werden richtiger wiedergegeben, zuweilen ganze
Werke des Altertums (Pantheon, römische Triumphbögen) nachgeahmt. Anfangs mischte sich noch
ein Rest von Sentimentalität in der beliebten Nachbildung kleiner Ruinen bei (parallel mit der
sentimentalen Gartenbaukunst); doch wurde allmählich auf das Regelrichtige bis zur Trockenheit der
Hauptnachdruck gelegt, weniger der lebendige Organismus der antiken Baukunst als das abstrakte
Vitruvsche Lehrbuch studiert, die künstlerische Tätigkeit mehr ans die äußerliche Zusammenstellung
antiker Bauglieder als auf die innere Durchdringung ihres Wesens und ihre selbständige Ver-
wertung gerichtet. Die Dürftigkeit des Ornaments und seine steife, schwunglose Behandlung sind
ein weiteres Merkmal des nach einem festen Schema gebildeten klassischen Stils, dessen Herrschaft
bis tief in das neunzehnte Jahrhundert hineinreicht. In Österreich z. B. erhielt er sich bis in die
vierziger Jahre, ohne ein einziges Denkmal von bleibender Bedeutung zu schaffen. Reiche Ver-
wertung fand er in süddeutschen Residenzen, namentlich in Karlsruhe. In Berlin ist die glänzendste
Schöpfung dieser alter klassischen Richtung das Brandenburger Tor, von Carl Gotthard Lang-
hans (1733—1808) bereits 1789 begonnen (Abb. 1). Der klassische Stil brach sich gleichfalls,
wenn auch nicht ohne scharfen Widerspruch zu erfahren, in England Bahn, wo die Gesellschaft der
„Dilettanti" seit 1733 durch Sammlungen, Ausgrabungen und Publikationen das Interesse an
der antiken Kunst mächtig aufgefrischt hatte. Lange und kaum ernstlich bestrittene Dauer gewann
er aber namentlich in Frankreich, wozu die Tendenzen der Napoleonischen Zeit wesentlich bei-
trugen. Die auch wissenschaftlich tüchtigen Architekten Pierre Fontaine (1762—1853) und
Charles Percier (1764—1838) sind seine bedeutendsten Vertreter, die Madeleinekirche von
B. Vignon (1761—1828), der Arc de llstoile von Franaois Chalgrin (1739—1811) und
der Triumphbogen aus dem Karusselplatze von Fontaine die bekanntesten Beispiele.
Auf dem Gebiete der Skulptur vollzieht den Übergang zum klassischen Stil der berühmteste
 
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