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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — Wien, 1.1913

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Die Bilder des N. M. Rossi in der gräflich Harrachschen Galerie
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Militär ist aufmarschiert. Unzählige Zuschauer drängen sich an die Prozes-
sion heran.* *) Der Post gegenüber (Unverso la posta«) erhebt sich zur
Rechten im Profil, weil von der Strada Sta. Brigida aus aufgenommen, der
hochragende Altar. Der Zelebrant erteilt den Segen. Der Vizekönig und sein
Gefolge sind auf die Knie gesunken, jener dem Altar gegenüber links, dieses
auf dessen Stufen. Der Vizekönig und die Hauptfiguren seines Gefolges
sind Porträts, unter den auf den Stufen knienden Andächtigen, vor allem
die Minister, dann die Mönche vom Dominikanerorden, dessen Obliegenheit
es war, diesen Altar zu errichten**), und schließlich, wenn auch in kleinem
Maßstab***), die Musiker der königlichen Kapelle, welche an diesem Tage
dem Allerheiligsten voranschrittf), darunter der erste Kapellmeister Fran-
cesco Mancini, der Vizekapellmeister Domenico Sarro, der gefeierte Violon-
cellist Francesco Alborei, der in der Folge wegen seiner staunenswerten
Virtuosität (»sua prodigiosa virtü") und wohl auf die Rekommandation des
Vizekönigs hinff) nach Wien berufen worden, wo er »vor einigen wenigen
Jahren« (»pocchi anni sono«) gestorben istfff), der Violinist Carlo Antonio
und andere, deren Namen in Vergessenheit geraten sind.*) Auch in der
Zuschauermenge gibt es Porträte, darunter etliche von Freunden und Be-
kannten des Künstlers.**) Wie die Straßen, so sind auch die Fenster und
Baikone von Neugierigen, darunter auch Damen, in farbenreichen, wohl
zueinander gestimmten Kostümen dicht besetzt.***) Die Gruppen und Massen
sind wohlgegliedert und gut verteilt. Alles atmet Leben und Bewegung.!)
Die Zinnen des Castel nuovo umzieht der Rauch der Geschützsalven. Weit
im Hintergrund der rauchende Vesuv.
Nach der Ansicht Dominicis übt dieses Gemälde unter allen dreien
die größte malerische Wirkung.ff) Die Ursache davon dürfte wohl darin zu
suchen sein, daß Rossi gerade von dieser »funzione« des Vizekönigs den
lebendigsten Eindruck empfangen. Er konnte sich dasselbe aus allernächster
Nähe ansehen. Denn Graf Harrach hatte ihn, als die Prozession zum Altar
derjesuitenfff) gegenüber der Via S.Giacomo und an seinem Hausvorüber-

*) »i! popolo spettatore, il quäle era innumerabile«.
**) »e perche, questo altare e solito farsi della religione Dominicana, si avea
dipinto sopra le reale di esso alcuni monaci moi conoscenti de' quali anche ne for-
mava il itratto«. fd. ibid.
***) »sebbene in piccolo«. Id. ibid.
f) »e de' musici deila cappella reale, che in tal giorno vanno avanti di
SS. Sacramento«. !d. ibid.
ff) Dies sagt Dominici zwar nicht, es ist aber wohi mit Sicherheit anzunehmen,
fff) Das Werk Dominicis erschien 1743 in drei Quartbänden, also um 1740
herum.
*) »ed altri che non mi ricordo«. Id. ibid.
**) >e come to fere anrota di alcun suo conoscente, coi situario fra il popolo
spettatore, il quäle era innumerabile<. Id. ibid.
***) »e foi su i terrazzi si vedean le genti, chevedeano laprocessione«. — »Facevi
anche vagliezza il vedere le fenestre ed il ibalconi adomati davarycappriciori apparata
di vary colori e ben compartiti fra loro, ed ove si vedeano molte signore« etc.
Id. ibid.
f) »e pure ognino faceva la sua azione ed ognino era distinto senza confusione
e tutti assieme eran mirabiimente accordati«. Id. ibid.
ff) »questo al parer mio era il piü pittoresco«. Id. ibid.
fff) Nach alldem hat es den Anschein, als ob die Errichtung der Altäre den ein.'
zelnen Ordensgenossenschaften oblag.

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