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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — Wien, 1.1913

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Aus Büchern und Zeitschriften
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https://doi.org/10.11588/diglit.20638#0258
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jedes Bild, von dem Proben genommen und untersucht worden sind, genau
nach Aufstellungsort, Erhaltungszustand, Restaurierungen verzeichnet und
strengstens auf die Benennung geprüft wäre, sondern auch die Stelle des
Gemäldes genau angegeben würde, wo man die Probe abgelöst hat. Als
man derlei Untersuchungen anfing, begann man um Proben von den
Rändern zu bitten. Die Ränder sind nun die wenigst zuverlässigen Stellen.
Wir wollen es aber nicht nachahmen, was Jos. Reynolds mit guten vene-
zianischen Bildern gemacht hat. Aus lauter Wißbegierde kratzte er Farbe
um Farbe aus dem Fleische. Auf diese Weise könnten wir allerdings eine
gewisse Kenntnis davon erringen, wie die alten Bilder gemalt waren. Die
untersuchten Bilder selbst wären aber verdorben. Derlei Gedankenverbindungen
können nicht unterdrückt werden und schmälern einigermaßen die Freude
über einzelne glückliche Funde. Vielleicht bestätigt es sich, was Raehlmann
sagt, daß „von Bellini ab bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts als Blau nur
Bergblau in der venezianischen Kunst" verwendet wurde. Raehlmann teilt
mit, daß es zwar im mikroskopischen Bilde dem antiken Frittenblau sehr
ähnlich sehe, aber davon in chemischer Beziehung leicht zu unterscheiden
sei. Denn das Bergblau verliert schon beim Zusatz von schwachen Säuren
seine Farbe. Raehlmann vermutet, daß der vermeintliche Ultramarin der
Renaissancemeister eigentlich Bergblau gewesen. Dagegen möchte ich be-
merken, daß gerade von den wichtigsten Stellen, an denen Ultramarin
vorauszusetzen wäre, z. B. von den Gewändern unzweifelhafter Werke
Raffaels, Dürers keinerlei Proben zur Untersuchung gekommen sind. Daß
ein Vorkommen von Berliner Blau auf eine Entstehung des Bildes erst
nach 1704 schließen lasse, ist längst in meinem Handbuch der Gemälde-
kunde festgestellt.
Raehlmann nimmt die meisten mineralischen Farbstoffe der Reihe nach
durch und bespricht auch einige Pflanzenfarben, z. B. Indigo und Orseille.
Vieles über Indigo ist bei Julius Wisner: Die Rohstoffe des Pflanzenreiches,
mitgeteilt oder angedeutet. J. G. Genteies und St. Mierczynskis Bücher über
Farbenfabrikation bieten Weiteres. Raehlmann bespricht nun das Vorkommen
des Indigo in einem der altrömischen Farbentöpfe, die zu Herne-Saint-Hubert
1898 gefunden und durch Huybrights 1901 beschrieben worden sind, und
weist auf die Verwendung des Indigo in Malereien aus dem hohen Mittelalter
nach. Aus späteren Zeiten fehlen Beispiele. Finke („Die Malerfarben") sagt
vom Indigo: „Er ist hauptsächlich als Aquarellfarbe im Gebrauch; als Öl-
farbe gibt er ein ganz stumpfes Schwarzblau." Als Zeugfarbe ist Indigo
lichtecht Dagegen blaßt er als Aquarellfarbe ab. Dies wird auch durch
Church bestätigt. Eibner („Malmaterialienkunde") weiß von Mumienstoffen
zu berichten, die mit Indigo gefärbt waren. Raehlmann teilt die Kenn-
zeichen mit, um unter dem Mikroskop die Teilchen des Indigo von denen
anderer alter blauer Farbstoffe zu unterscheiden. Bei Orseille, dem bräun-
lich-violetten Flechtenfarbstoff weist Raehlmann auf das alte Vorkommen
hin, doch scheint es ihm entgangen zu sein, daß dieser Farbstoff auch in
neueren Zeiten und bis heute Verwendung fand und findet. Aus Anlaß des
Streites um die Florabüste fragte ich bei einem Wiener Drogisten mittels
Fernsprecher an, ob er mir Orseille liefern könne. Die Probe konnte post-
wendend gesendet werden. Bis zum Aufblühen der Anilinfarben sind in
England ungeheuere Mengen von Orseille fabriziert worden. Denn die:
 
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