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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — 2.1915-1916

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V. und VI. Lieferung
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Frimmel, Theodor von: Aus der Sammlung Géza v. Osmitz in Pressburg, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.27902#0107
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werden. ln der Villa Berg bei Stockholm befindet sich ein kleines Sitten-
bild (Quacksalber), dem Brouwerschen bei Osmitz nahe verwandt. Das
Quacksalberbildchen in der Sammlung Berg wird von vielen für ein Werk
des Craesbeek gehalten. Ich bin nicht dieser Meinung und bitte, sei es
in den Urbildern, sei es in Reproduktionen, zu vergleichen, diesen angeblichen
Craesbeek mit sehr vielen sicher bestimmten Werken des genannten Antwerpner
Malers, darunter auch mit dem überzeugend richtig benannten Craesbeek
derselben Sammlung Berg. Dieser richtige Craesbeek stellt eine Familien-
mahlzeit im Freien dar. Augenscheinlich sind es verschiedene Meister, die
den richtigen und den irrtümlich zugeschriebenen Craesbeek gemalt haben.
Der als Craesbeek sicher unrichtig benannte: Quacksalber dürfte von
A. Brouwer geschaffen sein. Das Bildchen könnte in dieselbe Zeit des
Künstlers (nach 1632) fallen wie das bei Osmitz. Wenn auch die Gesichter
in beiden Bildern zumeist nicht denselben Kreis andeuten, so wiederholt
sich doch ein Modell ziemlich unzweifelhaft. Es ist der junge Mann, der den
Quacksalber spielt, aus dem Gemälde der Sammlung Berg und der junge
Tänzer bei Osmitz. Für die stilkritische Vergleichung ist dann die Hand des
Jungen von großer Bedeutung. Ihre Zeichnung und Höhung in den Lichtern
ist einfach genau dieselbe auf beiden Bildern, die doch wohl beide von
A. Brouwer sind und nicht von Craesbeek. Mit Craesbeek werden sie nur
durch eine allgemeine Gruppenverwandtschaft verbunden. Auch merke ich
die Modellverwandtschaft an, die zwischen dem tanzenden jungen Mann des
Osmitzbildes und einem feisten Bauernjüngling auf einem A. Brouwer der
Schweriner Galerie zu bemerken ist. (Lichtdruck in Nöhrings Veröffentlichung
aus der Schweriner Galerie, Lieferung IV. Beschreibung und eingehende
Kritik in Schlies Katalog.) Dazu ist freilich zu bemerken, daß die Benennung
des Schweriner Bildes nicht unbedingt feststeht, soviel Gründe man auch
für sie beibringen kann. Bode hielt es vor Jahren für ein Jugendwerk des
Brouwer und reiht es auch neuerlich (in „Rembrandt und seine Zeitgenossen",
1906, S. 234) bei den frühen Werken ein. Eines ist aber sicher, daß es von
Craesbeek wesentlichst verschieden ist. (Die Literatur über Craesbeek ist
bis zum Jahre 1912 in dankenswerter Weise zusammengestellt durch Zoege
von Manteuffel in Thieme-Beckers Allgemeinem Künstlerlexikon. Seither ist
noch dazu gekommen O. Granbergs großes Werk „Tresor d'art en Suede",
in welchem unter anderen die fraglichen Bilder der Sammlung Berg repro-
duziert sind. Siehe Granberg, Bd. I, S. 116 und Tafel 50, und Bd. 11,
S. 48f. und Tafel 64.) Die Fachleute wissen es, daß in der Brouwer-For-
schung noch eine große unausgefüllte Lücke zu beklagen ist. Man kennt
bis heute kein sicheres Werk des augenscheinlich wichtigen Brouwer-Schülers
J. B. Dandoy, der Brouwers Nachlaß in die Hände bekommen hat. So-
lange man nichts Bestimmtes über das Künstlergesicht des Dandoy weiß,
wird man immer nur eine ganz kleine Anzahl von Werken des Brouwer
als unanfechtbar echte Arbeiten bezeichnen können. Überdies ist auch das
künstlerische Verhältnis des Härmen Hals zu Brouwer zwardurch W. Bode
(„Die großherzogliche Galerie zu Schwerin", 1891, S. 146) angedeutet, aber
noch nicht beweisend durchgearbeitet worden. Auf dem Bau weiß man also,
daß heute eine Zuschreibung an Brouwer zwar recht gut begründet sein kann,
aber gewiß selten als völlig erwiesen zu betrachten ist. Dr. Th. v. Fr.
(Fortsetzung folgt.)

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