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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — 2.1915-1916

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V. und VI. Lieferung
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Frimmel, Theodor von: Ein Schabkunstblatt nach Danhausers Bild: der schlafende Maler
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Frimmel, Theodor von: Waldmüllers Beethovenbildnis
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https://doi.org/10.11588/diglit.27902#0112
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Exemplar dasjenige, das im Danhauser-Verzeichnis bei Roeßler und Münch-
hausen*) auf Seite 71 als Arbeit aus dem Jahre 1843 vorkommt. — Ver-
mutlich ist das Schabkunstblatt (Schabkunst auf Stahlplatte), das ich
heute in Nachbildung vorführe (Tafel XXI), nach dem Exemplar von 1843
hergestellt worden. Denn die Schriften auf diesem überaus seltenen Blatt (sie
sind leider in der Nachbildung nicht zu sehen) nennen als Malernamen und
Jahreszahl „Joseph Danhauser pinx. 1843". Was sogleich angefügt sei, ist
die inschriftliche Nennung des Schabkünstlers, der sich in einer merkwürdigen
Sprache zur Urheberschaft bekennt mit den Worten: „Andre Geiger sculp(sit)
in Wien." Den Titel des Blattes kann man ja auf der Nachbildung ein
wenig unterscheiden. Er lautet: „Der schlafende Mahler, was der Vater gut
macht, verdirbt der Sohn." Der Aufbewahrungsort dieser Ausführung von
1843 ist mir noch nicht bekannt geworden, und ich flechte in die sicheren
Mitteilungen und begründeten Vermutungen auch eine Frage an Sammler
und Kunstforscher ein; sie betrifft eben jenes Exemplar des Schlafenden
Malers von 1843, das 1845 bei Devignes gewesen und jetzt als verschollen
gilt. Böttichers „Malerwerke des 19. Jahrhunderts" deuten zwar, ohne
Quellenangabe, das Bild als solches an, doch wird dabei kein Besitzer
genannt.
Für die Erlaubnis zur Nachbildung des Geigerschen Blattes habe ich
der Akademie der bildenden Künste in Wien Dank zu sagen.
Dr. Th. v. Fr.

WALDMÜLLERS BEETHOVENBILDNIS.
ln der Kunstschreiberei gibt es eine Richtung, die zuerst in die Bilder
allerlei hineingeheimnißt, um es dann wieder herauszulesen. Beides mit
mächtigem Wortschwall. Das Gemälde als solches bleibt dabei nahezu un-
erörtert. Bei Bildnissen berühmter Persönlichkeiten ist das besonders billig.
Aus der Lebensgeschichte der Großen kennt man allerlei Züge, man weiß
um bedeutende Werke, Taten, Schlachten, Staatsstreiche, Dichtungen, Bauten,
Statuen, Bilder, Symphonien, Opern, Maschinen, Bücher, wohltätige Stiftungen
und was sonst nicht alles Da wird nun der Feldherr, Staatsmann, Künstler,
Ingenieur, Gelehrte, Wohltäter sogleich aus dem Antlitz abgelesen. Gail und
Lavater waren Kinder in ihren Versuchen der Physiognomik gegen die voll-
entwickelten Deuter aus unseren Tagen. Die Deutungen werden gewöhnlich
gläubig gelesen und weiter benutzt. Das ist ja so bequem. Peinlich wird
die Sache nur dann, wenn es sich, wie nicht selten, herausstellt, daß ein
Bild des Herrn X nicht diesen, sondern mit Bestimmtheit einen Herrn Y
darstellt, oder wenn es sich herausstellt, daß X in dem verherrlichten, so
prächtig ausgedeuteten Bildnis schlecht, sehr schlecht getroffen ist. Dann
geht's schief. Freilich, Kunstschreiberei ist noch lange keine Kunst-
wissenschaft. Wissenschaft tritt nicht so sicher und befehlerisch auf,
fördert aber trotzdem in vorsichtiger Weise Besseres zutage als die Mit-
glieder des Phrasenorchesters mit ihrem ganzen Lärm, der die einfältige
Menge gefangennimmt.

*) Vgl. A. RoeSler: „Josef Danhauser" (ohne Jahreszahl).
 
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