Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Stark, Carl Bernhard
Städteleben, Kunst und Alterthum in Frankreich: nebst einem Anhang über Antwerpen; mit 7 lithographirten Grundrissen — Jena: Frommann, 1855

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.47660#0189
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Fahrt von Narbonne nach Carcassonne.

173

Allerdings sind diese Localwagen schlechter und unreinlicher als irgendwo
in Deutschland, aber vier Pferde ziehen uns rasch vorwärts/ alle zwei
bis drei Stunden stehen neue bereit und ohne Aufenthalt/ ohne Mög-
lichkeit irgend eine Erfrischung einzunehmen geht es weiter. Auch hier
tritt der eigenthümlich sparsame und nüchterne Sinn des Franzosen/
der Gesichtspunkt das Reisen nur als Fortbewegung an ein Reiseziel
zu betrachten entschieden hervor. Man sieht sich von Haus aus mit al-
len kleinen Bedürfnissen sehr vor/ eine Anzahl kleiner Collis/ mancher-
lei Proviant führt der Einzelne mit sich. Mit größter Wichtigkeit be-
handelt jeder seine Gepäcksache/ wo möglich wird auf jeder Station
noch danach gesehen und sich erkundigt/ im Wagen selbst werden viel
Nebendinge untergebracht/ man scheut sich nicht durch einen, ja zwei
Hunde die Reisegesellschaft zu incommodiren; und drängt sich die Zahl
der Mitreisenden, was wird nicht oben auf dem Verdeck alles möglich
gemacht! Die Imperiale ist selbst nur eine noch köstliche Vorhalle zu
dem eigentlichen Kofferraum, wo unter niedriger Lederdecke oft 7, 8
Menschen noch sich lagern. Mit dem Trinkgeld ist der Franzose auch
hier so sparsam, wie im Hotel, aber er verlangt genug kleine Dienste
von dem Conducteur. Sind die Preise im Ganzen wohl geregelt, so
gilt dieß nur für die großen Routen, in den Zwischenstationen ist die
Rücksicht auf die leere oder volle Kutsche ein sehr beweglicher Preis-
messer.
Alles dieß trägt sehr dazu bei das Reisen an und für sich dem
Fremden oft höchst unangenehm und beschwerlich zu machen. Dazu
kommt der im Ganzen unter den reisenden Franzosen auffallend geringe
Sinn für die landschaftliche Umgebung, die historischen und Culturbe-
ziehungen einer Gegend; dagegen haben sie die Zahlen der Entfernun-
gen merkwürdig üm Kopf. Sicher wird uns die Zahl der Kilometer
bis Paris von irgend einem beliebigen Punkte des Weges angegeben;
häufig sehr ernst über einige Kilometer ab und zu gestritten. Auch hier
also der Ausdruck der Centralisation, des raschen, Zahlen behaltenden,
praktischen Verstandes.
Jedoch zurück in unser Cabriolet, wo unsere Nachbarin, eine statt-
liche, ältere Dame, welche a la oampa^ve zur Weinlese will, uns recht
wohl über unsere Fragen Auskunft giebt, und sich als eine aufrichtige
 
Annotationen