27. Sixtinische Kapelle. Mino da Fiesole. Das Wappen des Papstes Sixtus IV.
Drittes Kapitel.
Sixtus IV.
Das große Freskogemälde des Melozzo da Forli, welches einst den ersten Saal
der alten Bibliothek Sixtus' IV. schmückte und heute, auf Leinwand übertragen, in
der vaticanischen Pinakothek bewahrt wird, eröffnet die Reihe der klassischen Papst-
porträte, welche mit der Persönlichkeit des Dargestellten zugleich den Charakter einer
ganzen Zeitepoche bestimmen. Kriegsmänner in Priesterkleidern, die der veredelnde
Pauch geistiger Kultur nur flüchtig berührt zu haben scheint, Gestalten aus Lrz
geformt, in schicksalsvoller Lebensschule geprüft und bewährt, das sind die Charakter-
figuren des Quattrocento, welche Nelozzos herber Realismus erfaßt und gezeichnet
Hat. Zn ernstes Nachdenken verloren, das ihm völlig seiner Umgebung entrückt,
unübertrefflich in dem schlichten Ausdruck harnionischen Gleichgewichtes seines
Wollens und seiner Kraft erscheint dagegen Julius II. in Raphaels Porträt im
Palazzo Pitti, das wahrscheinlich ursprünglich die Rovere-Kirche S. Maria del
Popolo in Rom geschmückt hat. Verzehrende Leidenschaften, eine Fülle Harter und
glücklicher Lebenserfahrungen, das hohe Alter endlich und alle die Sorgen eines
geistlichen und weltlichen Fürsten haben die Willensstärke des gewaltigen Papstes
wohl gebeugt, aber nicht gebrochen. Crnst und ehrfurchtgebietend, aber auch so
schön und liebenswürdig, wie nur ein Pinsel Raphaels diese reiche Natur wieder-
zugeben vermochte, begegnet uns der sinnende Greis, und wir meinen noch Heute in
seinen lebendigen Zügen das klare Bewußtsein zu lesen, den Geist der Zeit nicht
nur beherrscht, sondern auch der eigenen Kraft und Größe entsprechend entwickelt
und geformt zu haben. Nicht minder bezeichnend für den eigenen Charakter und für
den feiner Umgebung ist Leos X. Porträt von derselben Künstlerhand, das ebenfalls