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Steinmann, Ernst; Michelangelo [Editor]; Lewald, Theodor [Honoree]
Michelangelo im Spiegel seiner Zeit — Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Band 8: Leipzig: Poeschel & Trepte, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.47058#0040
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Beschreibung des Gastmahls im Hause des Agapito Belluomo genügen, um zu
erhärten, daß auch Claudio Tolomei dem engeren Freundeskreise Michelangelos
angehört hat. Claudio Tolomei, aus vornehmer sienesischer Familie stammend,
war der Begründer der Accademia della Virtü in Rom, die sich vor allem mit
der Auslegung Vitruvs beschäftigte, und einer der gründlichsten Kenner der
italienischen Sprache1. Ebenso wie Michelangelo selbst, dem das Klima Roms
mehr zusagte als das Klima von Florenz, war auch Tolomei dem Zauber der
Tiberstadt verfallen, jener Stadt, von der auch Michelangelo sich nicht zu lösen
vermochte, trotz seiner Heimatliebe, trotz der unzähligen Versuche Cosimos I.
und seiner Trabanten, ihn seiner Vaterstadt zurückzugewinnen. Wie merkwürdig
sind die Worte, in denen Tolomei seiner tiefen Liebe für Rom Ausdruck ver-
leiht: „Mag diese Stadt“, so schrieb er am 14. August 1543 an Luca Contile,
„verfallen und zerstört sein, in ihrem Alter und in ihren Trümmern ist sie
schöner, vornehmer und verehrungswürdiger als alle anderen Städte Italiens.
Ein halb zerstörter Triumphbogen, ein zerfallener Tempel, ein preisgegebenes
Theater sind mehr wert, als wohl erhaltene Häuser, hohe Paläste, breite Straßen,
neue Kirchen und prächtige Gärten, nicht nur in anderen Städten, sondern auch
in Rom selbst“ 2.
Und noch in einem anderen Punkte wußte sich Claudio Tolomei eins mit seinem
großen Freunde, in der Verehrung für Vittoria Colonna: „Wo diese Frau nur
ihren Namen gibt, oder wo sie selbst erscheint, da ist alles geheiligt, würdig
der größten Verehrung und der größten Ehrerbietung“3. Und als er vernommen
hat, daß die Marchesa von Krankheit befallen sei, da beschwört er ihren Arzt,
seine ganze Kunst zu ihrer Heilung aufzuwenden, denn durch ihr Beispiel wirke
diese herrliche Frau mehr, als tausend andere durch ihre Predigten“4.
Auch sonst begegnen wir Claudio Tolomei, der zuerst im Dienste der Medici,
dann im Dienste der Farnese in Rom eine einflußreiche Stelle behauptete, auf
den Wegen Michelangelos. So war es im Dienste der Farnese, daß er sich be-
müht hatte, Perino del Vaga zu bewegen, in den Entwürfen für den berühmten
farnesischen Schrein in eine Art von Wettstreit mit Michelangelo zu treten..
Aber Perino del Vaga hatte dieses Ansinnen abgelehnt, weil er fürchtete,
Michelangelo zu verstimmen, „denn alle Maler“ - so schrieb Claudio Tolomei
1 Varchi, Orazione funerale, Florenz 1564, p. 43/44: „Uno dei primi e maggiori padri della leggiadrissima
lingua Toscana.“ Die Lebensdaten Tolomeis finden sich am ausführlichsten zusammengestellt bei K. Frey, Lite-
rarischer Nachlaß, T, p. 6. Anm. 6.
5 De lelettere di M. Claudio Tolomei libri sette. Vinegia, Giolito, 1554, fol. 87 r. u. v. Datiert aus Rom vom
14. August 1543.
3 De le lettere ed. 1554, fol. 602. Datiert aus Rom vom 21. Mai 1543.
1 De le lettere ed. 1554, fol. 70 r. u. v., 71 r. Datiert aus Rom am 28. Juli 1543. Ebendort fol. 153 v. und
154 r. ist der Brief abgedruckt, mit dem Claudio Tolomei die Sendung seines Porträts an Paolo Giovio be-
gleitete für dessen Galerie berühmter Männer. Datiert aus Piacenza vom 20. März 1547.

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