Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Steinmann, Ernst; Michelangelo [Hrsg.]; Lewald, Theodor [Gefeierte Pers.]
Michelangelo im Spiegel seiner Zeit — Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Band 8: Leipzig: Poeschel & Trepte, 1930

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.47058#0023
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
KAPITEL I
FRÜHESTE ERWÄHNUNGEN
PIER SODERINI UND JACOPO SALVIATI
DIE VITA DES PAOLO GIOVIO
ie lockende Aufgabe, das Bild Michelangelos im Spiegel seiner Zeit zu
schildern und die Fülle der Zeugnisse aus dem Cinquecento über ihn zu
sammeln, wurde bereits im Jahre 1700 in den „Notizie letterarie ed istoriche“
der Florentiner Akademie mit Erfolg versucht1. Aber dieses Buch, das unter der
Leitung des gelehrten Antonio Magliabecchi von verschiedenen Gelehrten ver-
faßt worden ist, ist anonym erschienen, und es scheint überdies in beschränkter
Auflage gedruckt worden zu sein, denn es gehört heute zu den größten litera-
rischen Seltenheiten. So blieb es trotz seines reichen Inhaltes in der Michelangelo-
Literatur völlig unbeachtet und hätte nicht A. Fr. Gori in seiner Condivi-Ausgabe
von 1746 seinen verstorbenen Freund Girolamo Ticciati als Verfasser der Michel-
angelo-Bibliographie im großen Werk des Magliabecchi ausdrücklich bezeugt -
wir würden heute nicht einmal wissen, wer hier mit Bienenfleiß eine Fülle von
Notizen über Michelangelo aus dem Cinquecento und darüber hinaus zusammen-
getragen hat2.
Ticciati ist übrigens als Verfasser des „Supplemento alla Vita di Michelangelo
Buonarroti“ nicht gerade rühmlich bekannt. Schon Bottari hat dies kümmerliche
Elaborat mit Recht als „meschinissimo“ bezeichnet3.
In seinem Michelangelo-Beitrag für Magliabecchi dagegen, wie auch in den ande-
ren für das Sammelwerk verfaßten Biographien des Cigoli, des Tribolo, des
Benvenuto Cellini u. a. breitet Ticciati die ganze Fülle seines Wissens vor uns
aus und überschüttet den Leser förmlich mit literarischen Notizen aller Art.
Aber wie er selber schreibt, will er von den zahllosen Schriftstellern, die über
Michelangelo geschrieben haben, nur eine Auswahl geben und diese „ohne Ord-
nung, ohne zeitliche Folge, ohne Unterschied nach ihrer Bedeutung“ einfach
niederschreiben, wie sie ihm gerade einfallen. Er verzichtet also auf jegliche
1 Notizie letterarie ed istoriche intorno agli uomini illustri dell’ Accademia Fiorentina, Parte prima, Firenze 1700,
p. 87-115. Nur der erste Teil ist erschienen. Vgl. Steinmann-Wittkower, Michelangelo-Bibliographie, p. 363.
Am Schluß seiner Ausführungen stellt Ticciati zum erstenmal die Sonette und Madrigale Zusammen, die von
den Zeitgenossen auf Michelangelo verfaßt wurden. Wertvolle Ergänzungen zu diesem Kapitel hat Arduino
Colasanti publiziert, zuerst in der Nuova Antologia vom 16. III. 1903, p. 279/86: Sonnetti inediti per Tiziano e per
Michelangelo, dann im Repertorium f. Kunstw. XXVII (1904), p. 210: Gli artisti nella poesia del Rinascimento.
Fonti poetiche per la storia dell’ arte Italiana. „Ausgewählte Dichtungen an Michelangelo“ hat auch Karl Frey im
Anhänge seiner Ausgabe der Dichtungen Michelangelos, p. 260-278, zusammengestellt. Vgl. endlich Janitschek,
Ein Hofpoet Leos X. über Künstler und Kunstwerke im Repert. f. Kw. III (1880) p. 57.
2 Condivi ed. Gori, Firenze 1746, p. XVI und p. XXIII.
3 Vgl. Pietro Fanfani, Spigolatura Michelangiolesca. Pistoia 1876, p. 84.


I
 
Annotationen