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Steinmann, Ernst; Michelangelo [Editor]; Lewald, Theodor [Honoree]
Michelangelo im Spiegel seiner Zeit — Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Band 8: Leipzig: Poeschel & Trepte, 1930

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.47058#0024
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chronologische Anordnung, auf jegliche Kritik seiner Quellen und erhebt über-
dies keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
So ließ er späterer Forschung noch ein weites Feld offen, denn erst bei chrono-
logischer Anordnung der Quellen, bei einer Sichtung von Spreu und Weizen
kann man bei einer solchen Arbeit zu wirklich wertvollen Resultaten für die
Michelangelo-Forschung gelangen \
Obwohl Ticciati bei seiner Auswahl der literarischen Quellen über Michelangelo
seine Landsleute, die Florentiner, entschieden bevorzugt, so hat er doch den
ersten Florentiner nicht genannt, der bereits im Jahre 1510 den Namen Michel-
angelos in die Kunstliteratur eingeführt hat. Es ist Francesco Albertini, der wie
Michelangelo selbst in Florenz das Licht der Welt erblickt hatte, um wie dieser
in Rom das Ende seiner Tage zu finden. Und es berührt uns seltsam, daß auch
diese ersten Erwähnungen des großen Mannes in ein und demselben Jahre 1510
in den beiden Städten Florenz und Rom geschehen sollten, die seinen Namen
unsterblich gemacht haben. Sowohl das „Opusculum de mirabilibus novae urbis
Romae“ als auch das „Memoriale di molte statue et picture sono nella inclyta
cipta di Florentia“ erschienen im Jahre 1510. Der Druck des ersteren wurde in
Rom am 3. Februar bei Jacopo Mazochi vollendet, der Druck des letzteren am
2. Oktober bei Antonio Tubini in Florenz. In dem lateinisch verfaßten Opusculum
findet sich der Name Michelangelos zweimal: zuerst bei der Erwähnung der
Deckenmalereien der Sixtinischen Kapelleopus praeclarum Michaeli Archan-
geli Floren., statuariae artis et picturae praeclarissimi,“ dann noch einmal bei der
Erwähnung der Bronzestatue Julius II. in Bologna1 2. Auch im Memoriale wird
die Statue Julius II. zugleich mit dem Gigante - dem David - im Palazzo vecchio
genannt. Dann wird nur noch das Holzkruzifix im Chorraum von S. Spirito
in Florenz erwähnt3.
Wenn auch kaum jemals ein Künstler in so jungen Jahren berühmt geworden
ist, wie Michelangelo, so ist doch die literarische Tradition über sein Leben und
sein Schaffen in den ersten dreißig Jahren des Cinquecento eine ziemlich dürftige.
1 Ich will nicht behaupten, daß im folgenden diese Absicht erreicht worden ist, hoffe aber, daß diese Arbeit wenig-
stens in der Hauptsache die Quellen verzeichnet und behandelt, die uns die Zeitgenossen Michelangelos über ihn
aufbewahrt haben. Der Charakter dieser Arbeit als Festschrift gebot, sie auch dem Laien schmackhaft zu machen,
das genre ennuyeux nach Kräften zu vermeiden, nur kurz und prägnant bei den Hauptpunkten zu verweilen,
und den wissenschaftlichen Apparat in möglichster Gedrängtheit in den Anmerkungen zu sammeln.
2 Francisci Albertini, Opusculum de mirabilibus novae urbis Romae, herausgegeben von August Schmarsow.
Heilbronn 1886, p. 13 und p. 55. Vgl. Ludwig Schudt, Le guide di Roma, Wien-Augsburg 1930, p. 95/96.
Dank der Güte von Lord Melchett - London besitzt die Bibliotheca Hertziana die Ausgabe des Opusculum Alber-
tinis, das i. J. 1519 mit Holzschnitten von Urs Graf in Basel erschien. Michelangelos Sixtina-Fresken werden
hier p. 79 genannt, die Erwähnung der Bronzestatue Julius II. findet sich auf Seite 93.
3 Das Memoriale von Francesco Albertini ed. M. Jordan in Crowe und Cavalcaselle, Geschichte der Italienischen
Malerei, Leipzig 1869, S. A., p. 11 und 12. Über andere Ausgaben vgl. Steinmann-Wittkower, a. a. O., p. 3 und 4.
 
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