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Steinmann, Ernst; Michelangelo [Editor]; Lewald, Theodor [Honoree]
Michelangelo im Spiegel seiner Zeit — Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Band 8: Leipzig: Poeschel & Trepte, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.47058#0067
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Lieder improvisierte1. Er wurde von Cosimo I. im Jahre 1552 mit einer Mission
betraut, an der schon so viele gescheitert waren, Michelangelo zu bewegen,
nach Florenz zurückzukehren2. Cellini hat diesen Besuch im Hause am
Macell de’ Corvi ausführlich geschildert, wie Michelangelo ihn scharf ange-
blickt und dann lächelnd gefragt habe, wie er sich denn selbst in Florenz be-
fände, wie Cellini vorgeschlagen, er solle seinen Diener Urbino in Rom zur
Vollendung des Kuppelmodells zurücklassen, und wie der bäurische Urbino
mit schreiender Stimme erklärt, daß er sich niemals von seinem Michelangelo
trennen würde.
Auch in den kunsttheoretischen Schriften Cellinis spielt Michelangelo eine große
Rolle, und immer wieder weiß er Neues, Tatsächliches beizubringen, sei es, daß
er einen Besuch Michelangelos in seiner Werkstätte schildert3, sei es, daß er uns
Michelangelo in seiner eigenen Werkstatt zeigt, wie er in San Lorenzo für seine
Marmorbilder lebensgroße Modelle schuf, und solche Modelle in allen ihren
Teilen mit höchster Vollendung ausführte und dazu oft nicht mehr als einen
einzigen Tag, niemals mehr als eine einzige Woche gebrauchte. Es ist gewiß
keines der geringsten Zeugnisse über Michelangelos Größe als Künstler, wie als
Mensch, daß ein so kritischer, ein so ungebändigter Geist wie Cellini ihm sein
ganzes Leben lang mit der urwüchsigen Kraft seines eigenen Genies gehuldigt
hat. Cellini ist es auch gewesen, der einige der vielen Modelle und Kartons
Michelangelos, die Antonio Mini nach Frankreich verschleppt hatte, wieder
nach Italien zurückbrachte4. Vier dieser heute verlorengegangenen Kartons
haben sich lange Zeit im Besitz der Strozzi in Mantua erhalten. Als sich die
Marmorbilder der Medici-Kapelle endlich den staunenden Blicken der Floren-
tiner zeigten - so berichtet wieder Cellini wurden mehr als hundert Sonette
zu ihrem Lobe verfaßt, und Cellini selbst hat an Michelangelo tief und echt
empfundene Verse gerichtet: „Nur ein Blatt aus deiner Krone, Erzengel
Michael“, beginnt das eine: „Niemals wurden schönere Dinge in unserni Jahr-
hundert vollendet, als deine Werke“, schließt das andere5.

1 Vita, ed. Bacci, p. 65.
3 Frey, Dichtungen, p. 555/36, Reg. 115. Hier hat Frey alle die vergeblichen Versuche seit 1546 zusammen-
gestellt, die Cosimo I. gemacht hat, Michelangelo nach Florenz zurückzuführen. Vgl. Bacci, a. a. O., p. 371.
31 Trattati, ed. Milanesi, p. 76, 196/202.
1 Miscellanea Fiorentina, a. a. O., p. 126
5 Delle rime di Benvenuto Cellini, ed. Adolfo Mabellini. 2. edizione, Firenze 1892, p. 220/225. Vgl. ITrattati, a-a- O-,
p. 358 und 374.

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