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Kriegstagung für Denkmalpflege [Hrsg.]
Stenographischer Bericht — Berlin, 1915

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Sonntag, den 29. August
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https://doi.org/10.11588/diglit.29910#0093
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Zuschriften aus Fachkreisen, die an mich gelangt sind, geht hervor, daß
über ihre Lösung, wie namentlich über Art und Umfang der dabei der deut-
schen Verwaltung möglichen Betätigung mancherlei irrige Anschauungen
verbreitet sind. Es scheint deshalb angezeigt, über diese Frage und ins-
besondere über die bei ihrer Lösung dem Städtebau zufallenden Aufgaben
vor diesem Kreise einige Worte zu sagen.

Zunächst möchte ich nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, daß die
Zerstörungen durch Kriegsereignisse auf belgischem Boden bei weitem nicht
den Umfang angenommen haben, wie es die Presse des deutschfeindlichen —
aber leider auch teilweise des neutralen — Auslandes die Welt glauben
zu machen noch immer , bemüht ist, ja, daß selbst die von der deutschen
Verwaltung im Frühjahr dieses Jahres bekanntgegebenen Zahlen der zer-
störten und wesentlich beschädigten Gebäude nach genauerer Feststellung
eine nicht unwesentliche Verminderung erfahren haben. War damals die
Zahl der in ganz Belgien, mit Ausnahme der Provinz Westflandern, zer-
störten und beschädigten Häuser auf Grund einer durch die Besatzungs-
truppen ausgeführten Zählung mit 26119 angegeben, so hat jetzt die Be-
richtigung des Katasters diese Zahl auf 21184 heruntergedrückt und darin
die Zahl der vollständig zerstörten Gebäude mit 20184, diejenige der
teilweise zerstörten mit 940 genau ermittelt. Es bedeuten diese Zahlen
knapp 2 % der vor dem Kriege in Belgien vorhandenen Gebäude. Vergleicht
man sie im Verhältnis zu der kriegerisch besetzten Fläche mit denjenigen
der durch die Bussenhorden in Ostpreußen angerichteten Verwüstungen,
so erscheint sie verschwindend gering. Gewiß haben einzelne Städte und
Dörfer, wie Dinant, Löwen, Lierre, Termonde, Vise u. a. besonders schwer
gelitten und es ist in ihnen manch schönes Bürgerhaus, manch stimmungs-
voller Winkel den Granaten und dem Feuer zum Opfer gefallen, aber auch
hier ist das Unglück insofern nicht so groß, wie es die deutschfeindliche
Presse glauben machen will, als ■— wie Sie schon aus den Berichten der
Plerren von Falke und Clemen vernommen haben — nirgends ein Bau-
denkmal von besonderer Bedeutung so stark zerstört ist, daß es sich nicht
mit verhältnismäßig geringen Mitteln in alter Schönheit wiederherstellen
ließe. — Daß freilich in den seit fast einem Jahre zwischen den beiden
Kampffronten liegenden, dauernd heißumstrittenen Städten Westflanderns
manch herrliches Werk der Baukunst in Schutt und Trümmer gesunken ist
und wohl noch sinken wird, liegt in der Natur der Sache und wird von
niemandem mehr beklagt, als von den deutschen Kunstfreunden. Den
wahren Stand dieser Dinge in Belgien auch dem neutralen Auslande in wahr-
haft objektiver Darstellung durch eine Folge von Aufsätzen in der „Neuen
Züricher Zeitung“ eindringlich vor Augen geführt zu haben, ist das große
Verdienst des Herrn Architekten Eugen Probst in Zürich, den unter uns
hier begrüßen zu dürfen, wir die besondere Freude haben. Wenn ich ihm
an dieser Stelle dafür, wie auch namentlich für die in seinen Ausführungen
der deutschen Denkmalpflege und insbesondere der Arbeit unserer jährlichen
Tage für Denkmalpflege gezollte Anerkennung unseren aufrichtigsten Dank
sage, glaube ich in Ihrer aller Sinne zu sprechen.

Wenn wir uns der Frage des Wiederaufbaues zuwenden, so liegt es
nahe, den vergleichenden Blick hinüber zu wenden nach Ostpreußen, wo schon
seit langem die vorbereitenden Arbeiten im Gange sind. Schon der für alle
 
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