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Stintzing, Johann August Roderich von
Geschichte der populären Literatur des römisch-kanonischen Rechts in Deutschland am Ende des fünfzehnten und im Anfang des sechszehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1867

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https://doi.org/10.11588/diglit.3037#0021
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XXI

Disziplin auf dcn dcutschcn Univcrsitäten nnr eine selir dürftige und vor-
übergehende; und wo man den Anfanz mit ihr machte, da zeschah es untcr
dcm Drange des Bedürfnisses meist durch Berufunz ausländischer Doc-
toren, da man nur in seltencn Fällcn einen Dcutschcn dazu geeiznet fand").

Recbnen wir hinzu, daß bezüzlich des Klerus die alten Perbältnisse
bestandcn, indcm seinen Glicdern das Studium des römischcn Rcchts ver-
wekrt blieb, wo nicht Dispcnsationen und eine milderc Praris das Berbot
des Honorius abschwächten; und erinncrn wir uns cndlich, daß es unter
Dencn, wclche die Hörsäle Jtaliens und Deutschlands fülltcn, nur den Aus-
erwählten gelanz, bis zu dcn „suiuiui lwunrss" durchzudrinzcn: so er-
giebt sich das Rcsultat, daß die Zahl der Ooetoreg Iwxuni in Deutschland
bis in die Rcfvrmationszeit bincin cine verhältnißmäßig geringe bleiben
mußte. Wir begegnen ihnen in bervorragenden Stcllungen als Rätbe der
Raiser und Zürsten, als Schicdsrichter in Rechtssachen der hohen Herren
und als Consulenten der bedeutendsten Reichsstädte"). Allcin die vor-
nehmc Stellung, welche sie in Anspruch nahmen und deswegen unangc-
fochten behaupten konuten, weil ihre Zahl cine beschränkte war, vertrug sich
mit Dienstlcistungen in den untercn Sphären der Rechtspflcge nicht; und
nur in den höchsten Gcrichten finden wir sic schon wäbrend dcs fünfzchnten
Zabrbunderts hier und dvrt in Mehrzahl alS ständige Leisitzer vcrwendet.

Daß von diesen Spitzen herab ein sehr bcdcutender Gnsluß auf die
untere Rechtspflege geübt wurde, ist nicht zu verkenncn"*). Dcnn wcnn
einmal die höhercn und höchsten Gerichtc mit gclehrten Zuristcn bcsetzt, und
dic Principien dcs römischcn Rechts als Entscheidungsnormen proklamirt
waren, so konnte sich die Praris in dcn Untergerichten dem ihr von obcn
gewiesenen Gange auf die Länge nicht entziehen, wcnn nicht ihrc ganzc
Thätigkeit zu ciner bloßen Beschwerde für die Partcicn werdcn solltc.

Allein das in dieser Richtung entscheidende Ercigniß ist erst am Schlusse
des fünfzehnten Zahrhunderts mit dcr Gründung dcs Reichskammcrgcrichts
eingetrcten. Längst vorher abcr drängte sich das römische Rccht in die
untcre Praris ein. Man darf bckaupten, daß im Laufe dcs fünfzehntcn

'I Vg>. Stintzing, U. Zasins S. tö ff. und Beilage II. Franklin, Beiträge
;ur Äeschiebte der Reception des R. R. S. töl. Stobbe, RechtSquellen, Bd. 2 S. 9ff.
und dazu die ffrgänzungen und Berichtignngen von Muther, zur Luellengeschichte deS
D. R., Zeitschrift f. Rechtsgeschichte, Bd. I S. 323—406.

"> Vgl. Stobbe, Rechtsquellen, Bd. I S. 631 ff., Bd. 2 S.44—63.

'"> Vgl. Franklin, Beiträge, S. 1l6ff. Stobbe,Rechtsquellen,Bd.2S.83,102.
 
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