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XXVI

cr zuglcicb mik ganzcr Kraft dcr Gültigkcit dca römischcn Rcchts dic Wcgc
tahncn half. Dar Rvmischc war dem Bewußtsein jener Zeitcn für kcinc
Nation cin Fremde? ; sondern cs crschien als das Allgcmeine, Höhere, All-
umfassende. Nichl nur die Lprache der Bildung allgemein, sondcrn das
Reich, die Kirche, die Zprache dcr Andacht war römisch; und wie man
die Lehren der Religivn aus fremden Urkunden schöpfen mußte, so konntc
cs nicht allzubcsremdlich crscheincn, daß das Gleiche bei eincm über allcn
andcren erhabenen Recht der Fall sein solltc.

Denn daß überhaupt das Necht gelernt werden müsse, widersprach dcm
Bewußtsein so wenig, daß man nmgekehrt vielmehr geneigt war, jedem
Rechtsbuche, welchcs mit eincm leidlich begründeten Anspruche auf Auto-
rität hervortrat, einen gläubigcn Gchvrsam entgcgenzubringen. Bvn unsercn
beutigen Theorien über die Naturwüchsigkeit des Rechts war man weit ent-
fernt: und sollte der Rcchtszustand ein besserer werden, als er war, so be-
griff man wohl, daß man die Hülfe nicht aus dcr eigencn Kenntniß und
Erfahrung schöpfen könnc. Das Gcfühl von der Berwirrung und Un-
sicherheit des Rcchtszustandes abcr war allgemein. Wie nun vor Alters
die römische Plebs die Abfassung der zwölf Tafeln erstrebt hatte, weil sie in
einem Coder geschriebener Gesetzc dic Sicherstcllung ihreS Rechts zu er-
langen hoffte, so durften auch die bürgerlichen Klaffen in Deutschland von
der Geltung des geschricbenen kaiserlichcn Rcchts die Hcrstcllung und Be-
fcstigung eincs gcordncten Rechtszustande« crwartcn. Ihrc pvlitische Stim-
mung fand Befricdigung darin, daß dcr Macht dcs Kaiscrs cin neues Rüst-
zcug bereitet ward, wenn sein Recht übcrall zur Geltung durchdringe. Und
wcnn dic Ritterschaft von ihm nicht mit Unrccht einc Gcfährdung ihrcr
Prärogativcn besorgte, so mußtcn gerade die volksthümlichcn Elcmente dcr
Nation einem Rechtc zugethan sein, welches die Privilegien der gewalt-
thätigen Rittcrschaft nicht kannte, die Unterschiede der Stände fast ver-
nichtete, ein gleiches Recht für Alle war, und dem mächtig ausstrebcnden
Bürgerstande die sichern und erprobtcn Normen für seinen Berkchr an dic
Hand gab.

Alle diese Momente nun begründcten cine gcwisse Wahlverwandtschast
zwischen der volksthümlichen Bewegung der Zeit und dem römischen Rechtc.
Sie macht cs uns erklärlich, daß gerade gegen den Schluß dcs fünfzehntcn
Iahrhunderts kem von obcn her geübten Einfluffe der Gelebrten eine
Strömung von unten entgcgenkam, welche sich am kräftigsten in der Nei-
gung der Slädte zur Aufnahme des römischcn RcchtS zeigte, und trvtz aller

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