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Xl-V

Ncpräsmtant dieser Perschwisterung erscheint Zebeistian Brant, in
tessen Person sich der Humanismus, dic volkethiimlich-didaktische Pnesie
und dic populär-rvmanistische Iurisprudenz vcreinizten. Bon der allge-
mcinen Strömung popularisirendcr Didaktik ward auch unsere Litcratur
gctragen, und stellt daher mit ihren lateinischen und deutschenHülfsbüchern
cine dnrcbaus homogene Zeiterscheinung dar. Dcnn gerade auch dic Mutter-
sprache trat hier in ihrc Rechte ein.

Schon lange vor Sebastian Brant und vor der Zeit des durch
seinc llebcrsetzungen so hoch verdicnten Nicolaus von Wyie, hat ein
unbckannter deutschcr Iurist es untcrnommcn, seincn Landsleuten das
römische Recht in der Muttersprache zu lehrcn. Das später von Sebast.
Brant mit dcm Namen „Klagspiegel" belegtc Rechtsbuch, zugleich
cin thcoretisches Compendium und praktisches Handbuch, ist als ein erster
umfänglichcr Bersuch der Uebertragung römischer Iurisprudenz *) merk-
würdig. Daneben sind ankere Schriften zu nennen, welche den Text wohl-
bekanntcr lateinischer Hülfsbücher in wortgetreuer Uebersctzung odcr Ueber-
arbeitung deutsch wiedergeben. So kommt eine uralte deutsche Bearbeitung
dcs sogenanntcn Orcln )ucUeinrin8 von Iohannes Andreä vor; schon
aus dem Anfange dcs fünszehntcn Iahrhunderts sindcn wir cine Ucber-
setzung der Summa des Johann von Freiburg; der berühmte
Belial des Iacobus de Theramo ist in Deutschland fast gleichzeitig
mit dem Sriginal in eincr abgekürzten Uebersetzung gedruckt wordcn. Der
dem Bartolus zugeschriebene Satansprozeß fand seine Uebersetzer;
ebenso der kleine Tractat vomNotari a t. Und zu dem Allcn kamen
nun dic deutschcn Formclbücher, welche gleichzeitig den dcutschen
Kanzlcistil und dic Begriffc des römischen Rechts einbürgcrn; cndlich, als
Abschluß der ganzen Entwickclung, dcr Layenspicgel und neben und
»ach ibm dic Uebersctzungcn der Institutionen.

Im Ganzcn aber ist von dieser Litcratur zu sagen, daß die geistige
Kraft unserer Nation sich an ihr nicht eigentlich p roduktiv betheiligtc.
^ie verbielt sick ihr gegenüber fast nur rezeptiv. Man wollte lernen, nicht
lchaffen; denn man sand sich dcm römischen Rechte gegenüber in einer ähn-
iichen Lage, wie sich etwa die Römcr selbst ihrem Rechte gegcnüber zu den
!-—-—-

') Treffcnd laßt Brant den Klagspiegel sagen: „Tentsch red ich niit lateinischer
ffnigen darumb hab man der Wort wol acht die uß latein seind Teutsch gemacht die seind
ilo vil mdglich gcwcsen) verteutscht, daS yeder die mag lesen."
 
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