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Stix, Alfred; Permoser, Balthasar [Ill.]
Balthasar Permoser - die Apotheose des Prinzen Eugen — Der Kunstbrief, Band 31: Berlin: Mann, 1946

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https://doi.org/10.11588/diglit.72965#0049
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auf 70000 Mann vermindert, von Mangel und Seuchen in
immer wachsendem Maße heimgesucht. Eugen fand den
Rückzug über die Brücken im Angesicht des Gegners un-
möglich; das Abwarten eines feindlichen Angriffes hätte den
sichern Ruin durch Krankheit und Beschießung auch ohne
Kampf gedroht; er sah wieder die höchste Klugheit in der
entschlossenen Kühnheit und beschloß auf den 16. August
die eigene Offensive, die Zersprengung des feindlichen Ent-
satzheeres. Um Mitternacht rückten die Kolonnen, in tiefem
Schweigen antretend, hinaus auf das weite Feld; gegen
Morgen legte sich ein dicker Nebel über die Gegend, welcher
dieAnnäherung der Armee dem Feinde eine Weile verdeckte,
dafür aber auch einige Kolonnen sich zu weit nach rechts
schieben ließ, so daß im Zentrum der Schlachtreihe eine be-
deutende Lücke entstand. Zuerst auf dem rechten Flügel
stießen Palffys Reiter im Dunkel auf einen feindlichen Lauf-
graben; der Alarm flog sogleich durch das türkische Lager,
und auf allen Seiten brach ein verwirrtes Fechten los.
Niemand vermochte durch den Nebel weiter als zehn Schritte
zu blicken; jeder warf sich auf den Feind, wo er ihn fand;
bei der Enge des Raumes gab selbst der Donner des Geschütz-
und Gewehrfeuers kein Urteil über den Stand der Schlacht.
Endlich zerriß gegen acht Uhr der frische Morgenwind den
Nebel und entrollte vor Eugens Augen in einem Moment das
Bild der Lage. Seine beiden Flügel waren gewaltig vor-
gedrungen, im Zentrum aber hatte das türkische Fußvolk
Boden gewonnen und war eben im Begriffe, dem rechten
Flügel der Kaiserlichen in Seite und Rücken zu fallen. Da
brauste in Eugen selbst das alte Soldatenherz auf; er setzte
sich persönlich an die Spitze seiner Reserven und stürzte
sich auf die feindliche Kolonne. Ein furchtbares Gemetzel
entspann sich, und während das Fußvolk Angriff auf Angriff
folgen ließ, ergriff der Prinz seine nächsten Reiterregimenter
und schmetterte mit ihnen dem schweren Klumpen der
Janitscharen in die Flanke. Damit war der letzte Widerstand
gebrochen und die Niederlage des Feindes wie vorher auf
den Flügeln, so jetzt auch im Zentrum vollendet. Die

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