Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Stölzel, Adolf
Die Entwicklung des gelehrten Richterthums in deutschen Territorien: eine rechtsgeschichtliche Untersuchung mit vorzugsweiser Berücksichtigung der Verhältnisse im Gebiete des ehemaligen Kurfürstenthums Hessen (Band 1) — 1872

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.10463#0183

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
an das alte Urtheilschelten „staute pede", „in Fusstapfen",
statt von der Ueberlegungsfrist des Decendium Gebrauch zu
machen.

Wie überall mit Anwendung der fremden Rechtsinstitute,
geht auch mit Anwendung der Appellation die Geistlichkeit
voran. Bei der Frage, wann die Appellation in Deutsch-
land, d. h. in den weltlichen Gerichten, heimisch zu werden
angefangen habe, dürfen daher Fälle, in denen geistliche
Richter thätig gewesen sind, nicht mitzählen. So ist zwar
schon 1193 und 1207 von einem appellare ad nostram (des
Königs) praesentiam die Rede,3 aber im erstem Jahre ist der
episcopus Spirensis et sui judices, im letztern der archiepiscopas
Trevirensis der Richter erster Instanz. Und wenn das um
1350 vom Stadtschreiber Johannes verfasste, mit römischem
Rechte vollständig durchwobene Brünner Schöffenbuch4
von einem „appellare ad principis audientiam, si fertur de
jure scripto" neben dem Urtheilschelten beim Oberhofe
(arguere sententiam a juratis latam) redet,5 so hängt das mit
den besondern Verhältnissen Brünns zusammen, wo am
frühsten und sichtbarsten römisch-rechtliche Einflüsse ver-
folgbar sind, ergibt aber zugleich, wie wenig man damals
die Appellation als für das deutsche Rechtsleben heimisch
betrachtete. Ferner wird zwar 1375 in reinweltlichen An-
gelegenheiten , nämlich von den Schöffen des weltlichen Ge-
richts zu Cöln, an den Erzbischof und dessen Kammer
„appellirt"; jedoch ist hier wiederum geistlicher Einfluss un-
verkennbar. 6 Ebenso bei dem Notariatsinstrument, welches
1383 über eine Beschwerde der Stadt Göttingen in Sachen
ihrer gegen den Herzog von Braunschweig, weil der Land-
vogt die Bürger vor sich geladen habe, aufgenommen wird;
die dabei gebrauchten Ausdrücke „wir berufen uns an den
römischen König und bitten um Briefe, die zu Latein
Apostelen genannt sind" oder „wir behalten uns das Recht

3 Franklin, Reichshofger. II. S. 207. 206.

4 Darüber s. Stobbe I, 527.

5 Maurer, Städteverfassung III, 787.

6 S. Walter 150. Note 1.
 
Annotationen