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Stölzel, Adolf
Die Entwicklung des gelehrten Richterthums in deutschen Territorien: eine rechtsgeschichtliche Untersuchung mit vorzugsweiser Berücksichtigung der Verhältnisse im Gebiete des ehemaligen Kurfürstenthums Hessen (Band 1) — 1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.10463#0204

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188

2. Buch. Die vermittelnden Elemente.

weder zur eignen Belehrung oder um durch Vorlage des
ertheilten „Rathschlags" (consilium) auf den künftigen Rich-
terspruch einzuwirken. Für die Volksgerichte hatte diese
Art der Rechtsbelehrung wenig Bedeutung; denn die Con-
silia, meist lateinisch abgefasst und stets auf die fremden
Rechte gestützt, waren den Volksgerichten unverständlich
und unnütz. Ihnen gewährten die Oberhöfe, was sie an
Rechtsbelehrung bedurften, aber jene Sitte der Consilien-
ertheilung bahnte den Weg, auf welchem sich schliess-
lich auch die Volksgerichte mit den Facultäten in Be-
ziehung setzten, und die Art und Weise, wie dies ge-
schah, entlehnten sie von der bisherigen Sitte, bei den
Oberhöfen Rechtsbelehrung zu suchen. Die zwei, lange
Zeit neben einander bestandenen ganz verschiedenen Insti-
tute: Einholung von Rathschlägen ausserhalb der Volksge-
richte und Einholung von Oberhofssprüchen innerhalb der
Volksgerichte vereinigten sich zu dem einen Institute der
Einholung von Urtheilssprüchen Seitens der Volksgerichte
bei den Facultäten. Die Zeit dieser Vereinigung werden
wir an das Ende des sechszehnten Jahrhunderts zu versetzen
haben. 1 Um den Beweis hierfür zu liefern, müssen wir
einerseits auf die Entwicklung der Ertheilung von Consilien,
andererseits auf das Absterben der Oberhöfe eingehen und
dann die frühsten Fälle ermitteln, in denen die Juristen-
facultäten für die Volksgerichte die Urtheile abfassen.

1. C o n s i 1 i a.

Die Geschichte der Consilien frühster Zeit weist selbst-
verständlich nach Italien. Als älteste Sammlung von „con-
silia" wird die Odofreds (f 1265) genannt.2 Ihr vorher-
gehen die „questiones" von Pilius (f c. 1207),2a Azo

1 Als ein Beleg, wie sehr man noch vor wenigen Jahrzehnten bei
Bestimmung des Zeitpunktes der Ablösung der Oberhöfe durch die Facul-
täten fehl griff, diene eine Aeusserung in Hugo's Literärgeschichte (S. 188):
„Die Facultäten wurden wohl schon jetzt (zwischen 1360 und 1480) statt
der Oberhöfe zu Verschickungen gebraucht."

% Savigny V, 328.

2« Savigny IV, 289.
 
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