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Stölzel, Adolf
Die Entwicklung des gelehrten Richterthums in deutschen Territorien: eine rechtsgeschichtliche Untersuchung mit vorzugsweiser Berücksichtigung der Verhältnisse im Gebiete des ehemaligen Kurfürstenthums Hessen (Band 1) — 1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.10463#0365

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§. 17.

Peinliche Gerichte.1

Der Vorsitz in den Gerichten, welche über ein todes-
würdiges Verbrechen abzuurtheilen haben, ist nach altdeut-
scher Verfassung dem Grafen vorbehalten; er kann sich
nicht durch den Gentenar vertreten lassen, das heisst: im
Vol Ige rieht, im „echten Dinge" des Grafen, im „hohen
obersten" Gerichte, nicht im gebotenen Gerichte des Cen-
tenars, im Landgerichte, nicht im Centgericht sind die pein-
lichen Sachen zu verhandeln; peinliche Sachen und todes-
würdige Sachen sind nämlich im Sinne der damaligen Zeit
identisch, weil Todesstrafe die peinliche Strafe ist.2 Diese
Rechtsanschauung ist nicht bloss der historische Hintergrund
für den Satz unserer Tage, dass ein Todesurtheil der landes-
herrlichen Bestätigung bedarf, und für den Sprachgebrauch,
welcher im „Hochgericht" die Stätte sieht, auf der die
Todesstrafe vollzogen wird, sondern sie durchzieht auch die
ganze Entwicklungsgeschichte der peinlichen Gerichte.

Da Karl der Grosse die Schöffengerichte nur für
die gebotenen Gerichte, nicht für das echte Ding einführte,3
so gehörte auch nach ihm die Verhandlung peinlicher Sa-
chen vor die v o 11 e Gerichtsgemeinde. Nichts desto weniger
fanden thatsächlich im echten Dinge die mitanwesenden
Schöffen (wie vor Karl dem Grossen deren Rechtsvor-
gänger, die Rachimburgen) das Urtheil; die Gerichtsgemeinde
bestätigte nur dasselbe durch ihre Gegenwart. Hierauf be-
ruht die bis in dies Jahrhundert übliche Oeffentlichkeit pein-

1 Die Belege hierzu, soweit sie Hessen betreffen, enthält die An-
lage 13.

2 Sohm 419 flg. Zöpfl, Bamb. R. 109.

3 Sohm 375 flg.
 
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