Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Stölzel, Adolf
Die Entwicklung des gelehrten Richterthums in deutschen Territorien: eine rechtsgeschichtliche Untersuchung mit vorzugsweiser Berücksichtigung der Verhältnisse im Gebiete des ehemaligen Kurfürstenthums Hessen (Band 1) — 1872

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.10463#0379

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
17. Peinliche Gerichte.

363

die Urtheilsabfassung dem Landesherrn und seinen gelehrten
Rathen, Canzleien oder Hofgerichten in peinlichen Sachen
gesichert war, waltete kein Interesse mehr ob, noch weiter
die Thätigkeit der alten Schöffengerichte zu beschränken oder
zu vernichten; im Gegentheil, es entsprach die äussere Feier-
lichkeit^ mit welcher sie zu verfahren pflegten, gerade der
Wichtigkeit des Actes, und man musste desshalb wünschen
sie zu erhalten.

Ausser für die Urtheilspublication blieben aber unge-
lehrte Schöffen in der Strafrechtspflege als Zeugen oder Ur-
kundspersonen bei gewissen Acten des Verfahrens bis in die
neueste Zeit fortbestehen. Im Anschlüsse an die Bestim-
mungen der Carolina (Art. 46. 47), dass das Vorverhör bei
peinlichen Fragen gleich der peinlichen Frage selbst in
Gegenwart des Richters und wenigstens zweier Schöffen
stattfinden soll, wurde es üblich, bei wichtigen Unter-
suchungshandlungen zwei Schöffen zuzuziehen; sie repräsen-
tiren, ähnlich wie wir es bei Civilsachen gefunden haben,62
das Schöffengericht, haben aber an sich nichts zu urtheilen
sondern lediglich zu bezeugen.63 Da für solche Urkunds-
personen rechtsgelehrte Bildung nicht erforderlich war, so
stand nichts entgegen, die Sitte ihrer Beiladung auch nach
vollendeter Reception des römischen Rechtes beizubehalten
oder in neuern Gesetzen wieder einzufahren.64

62 S. §. 15 bei Kote 28.

63 Einzelne Gerichtsordnungen, z. B. die Hanauer von 1675, lassen
es behufs der Ersparung der Kosten zu, dass bei Strafen, welche nicht
an das Leben gehen, zwei oder höchstens die Hälfte der Schöffen
zum Er kennt niss und zu dessen Vollziehung herangezogen werden.
S. Kote 10.

6t Vergl. Maurer, Gerichtsverf. §. 225. Henke §. 52 a. E. — Im
Fuldischen werden noch 1790 nach dem Zeugniss von Thomas, Fuld.
Privatr. III, 199 Schöffen bei Augenscheinseinnahmen, Visitationen, Exe-
cutionen etc. zugezogen.
 
Annotationen