§. 34. Das Gericht der Schenken zu Reizberg-.
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Schenkisches Salbuch den Schenken Oberkeit, Gebot und
Verbot, Gerichtszwang, Bussen und Strafen zuschreibt. Als
Oberhof des Gerichts Reizberg fungiren noch 1539 die
Schöffen zu Schweinsberg, eines ebenfalls Schenkischen be-
nachbarten Städtchens; 1550 dagegen wird eine Appellation
direct an die „edlen und ehrenfesten Junker und Richter zu
Schweinsberg" 3 gerichtet und von diesen, als ..von dem
Oberhofe zu Schweinsberg" 1552 weiter an das Hofgericht
zu Marburg. 4 Um die nämliche Zeit entwickelt sich zwischen
der Canzlei zu Marburg und den Schenken ein Streit über
den Blutbann; zwischen den Schenkischen Reisigen und den
Marburger herrschaftlichen Beamten kommt es zu Thätlich-
keiten und weiter zu ausgedehnten schriftlichen Verhand-
lungen zwischen der Canzlei und den Gerichtsherrn; letztere
berufen sich auf den Vertrag von 1481 und das Herkommen,
erstere auf eine Reihe von Fällen, welche in Marburg, und
zwar ohne Zuthun der Schenken, abgeurtheilt seien. Nach
längerm Streiten erwirken 1565 die Schenken beim Reichs-
kammergericht ein Mandat zur Abhörung von Zeugen zum
ewigen Gedächtnisse; die Schenken führen dabei an, dass
der Landgraf, weil er mehr Hörige als sie, die Schenken,
im Reizberg habe, 1537 gebeten habe, auch diese Hörigen
zum Halsgericht zuzulassen: man habe sie (die Schenken)
jetzt ^tatsächlich verdrängt und wehre ihnen auch den
Angriff in Civilsachen; seit 1552 sei ihnen die hohe
Obrigkeit und der Angriff entzogen ; alle Gerichte seien bis
dahin durch ihren Schultheis in ihrem Namen gehalten und
zwar die drei ungebotnen Dinge und ausserdem alle vierzehn
Tage Montags zu Oberweimar, Donnerstags zu Weitershausen;
wenn sich das Gericht nicht einige, hätte es das Urtheil
3 In einem Falle von 1561 sprechen die Junker das Urtheil; dasselbe
ist aber unterzeichnet von dem spätem Marburger Canzler Dr. Joh. Hein-
zenberg von Wetzlar (s. S. 414); die Junker hatten demnach einen Juris-
consultus um Rechtsbelehrung angegangen.
4 In Betreff des patrimonialen Gerichts im Busecker Thal bei Giessen
bekundet 1575 ein Zeuge, es sei über 50 Jahre bereits an das Hofgericht
zu Marburg appellirt. Memoriale, das Busecker Thal betr., S. 181:
cf. mit 129. 130.
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Schenkisches Salbuch den Schenken Oberkeit, Gebot und
Verbot, Gerichtszwang, Bussen und Strafen zuschreibt. Als
Oberhof des Gerichts Reizberg fungiren noch 1539 die
Schöffen zu Schweinsberg, eines ebenfalls Schenkischen be-
nachbarten Städtchens; 1550 dagegen wird eine Appellation
direct an die „edlen und ehrenfesten Junker und Richter zu
Schweinsberg" 3 gerichtet und von diesen, als ..von dem
Oberhofe zu Schweinsberg" 1552 weiter an das Hofgericht
zu Marburg. 4 Um die nämliche Zeit entwickelt sich zwischen
der Canzlei zu Marburg und den Schenken ein Streit über
den Blutbann; zwischen den Schenkischen Reisigen und den
Marburger herrschaftlichen Beamten kommt es zu Thätlich-
keiten und weiter zu ausgedehnten schriftlichen Verhand-
lungen zwischen der Canzlei und den Gerichtsherrn; letztere
berufen sich auf den Vertrag von 1481 und das Herkommen,
erstere auf eine Reihe von Fällen, welche in Marburg, und
zwar ohne Zuthun der Schenken, abgeurtheilt seien. Nach
längerm Streiten erwirken 1565 die Schenken beim Reichs-
kammergericht ein Mandat zur Abhörung von Zeugen zum
ewigen Gedächtnisse; die Schenken führen dabei an, dass
der Landgraf, weil er mehr Hörige als sie, die Schenken,
im Reizberg habe, 1537 gebeten habe, auch diese Hörigen
zum Halsgericht zuzulassen: man habe sie (die Schenken)
jetzt ^tatsächlich verdrängt und wehre ihnen auch den
Angriff in Civilsachen; seit 1552 sei ihnen die hohe
Obrigkeit und der Angriff entzogen ; alle Gerichte seien bis
dahin durch ihren Schultheis in ihrem Namen gehalten und
zwar die drei ungebotnen Dinge und ausserdem alle vierzehn
Tage Montags zu Oberweimar, Donnerstags zu Weitershausen;
wenn sich das Gericht nicht einige, hätte es das Urtheil
3 In einem Falle von 1561 sprechen die Junker das Urtheil; dasselbe
ist aber unterzeichnet von dem spätem Marburger Canzler Dr. Joh. Hein-
zenberg von Wetzlar (s. S. 414); die Junker hatten demnach einen Juris-
consultus um Rechtsbelehrung angegangen.
4 In Betreff des patrimonialen Gerichts im Busecker Thal bei Giessen
bekundet 1575 ein Zeuge, es sei über 50 Jahre bereits an das Hofgericht
zu Marburg appellirt. Memoriale, das Busecker Thal betr., S. 181:
cf. mit 129. 130.