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Schmuckstück erhalten in der Figur eines jungen
Geistlichen, welcher das Pultbrett zum Auf-
legen des Buches in den Händen hält, eines
der besten Werke der Bildhauerkunst des
XIII. Jahrhunderts. In der bereits früher er-
wähnten, mit den übrigen Lettnerfiguren vom
Turm heruntergenommenen Figur eines Dia-
kons (Abb. 5 und 19), welche nach dem
Brunnschen Stiche nicht bestimmt werden konnte
möchte ich ursprünglich ein ähnliches Kunstwerk

sehen, und ihm seinen Platz auf der oben er-
wähnten Eckkonsole an der Brüstung zuweisen
(Abb. 3), wobei alsdann selbstverständlich eine
ähnliche Figur für die andere Ecke anzunehmen
ist. Hierdurch würde auch in einfacher Weise
das Podest an der Innenseite erklärt sein Die
Rückseite des Bildes (Abb. 19) ist in ganz be-
sonderer Weise durch ein reiches, aufsteigendes
Blattwerk verziert, Beweis genug, dass sie nicht
vor einer Wand oder Nische, sondern frei und

Abb. 14. Profile.

e

Knauth gez. Abb. 16. Baldachin. Holzstich von O. Ebel.

Abb. 15. Kapitell. Abb 18. Krabbe.

von allen Seiten sichtbar ihren Stand hatte. blau bemalt waren. Die Architektur der Balda-
Ferner ist, wie der Augenschein lehrt, das auf chine zeigt in ihren Giebeln und Türmchen noch
den Händen gehaltene Buch zweifellos eine den altertümlichen Charakter der frühesten Gothik,
spätere Zutat, während zwischen den Fingern die Kriechblumen der Giebel, die Konsolen usw.
die Reste eines Blattornaments (Blattkonsole) haben bereits naturalistisches Laubwerk von
sichtbar sind Brust und obere Flächen der meisterhafter Bearbeitung (Abb. i5 —18), eine
Arme sind durch einen späteren Meissel über- Konsole zeigt zwischen Blattwerk die am Strass-
arbeitet. Man sieht, dass nichts gegen die An- burger Münster nur für die ältesten Teile des
nähme spricht, in dieser Figur ein ähnliches Langhauses bezeichnende phantastische Tier-
Werk, vielleicht das Vorbild des Naumburger gestalt einer geflügelten Eidechse. Auch die
Lesepults zu sehen, welches dann in späterer Profile (Abb. 14) weisen auf die Zeit der ersten
Zeit, als die kirchlichen Gebräuche sich änderten, Blüte der Gothik, etwa um das Jahr 1250 und
für andere Zwecke umgearbeitet worden ist. die Zeit der Erbauung der drei östlichen Joche

Die sämtlichen sichtbaren Flächen des Lettners des Langhauses hin.
waren, wie die Bruchstücke zeigen, reich mit Wer war der Meister dieses hervorragenden
Gold überzogen, während die Hohlkehlen der Werkes? Sein Name wird wohl für immer ver-
Profile rot, die Wand hinter den Apostelfiguren borgen bleiben. Ich möchte jedoch nicht ver-
 
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