Π. Quellen zur westlichen Eingangsseite der Hagia Sophia
Die literarischen Aussagen über einzelne architektonische Trakte der Hagia Sophia,
ihre Inneneinrichtung und wichtige Anbauten finden sich im wesentlichen in zwei
Quellengruppen: Der justinianischen Ekphrasis und dem Zeremonienbuch des Kon-
stantinos Porphyrogennetos. Es wurde schon eingangs erwähnt, daß in der Forschung
versucht wurde, aus diesen beiden Gruppen und weit verstreuten Einzelstellen, d. h.
Quellen vom 6. bis 15. Jahrhundert, eine „Topographie de Sainte Sophie“111 wieder-
herzustellen, in der frühe wie späte Aussagen sich reibungslos zu einem Gesamtbild
zusammenfügen. Das bedeutet, daß z. B. detaillierte Angaben aus dem Zeremonienbuch
zur Rekonstruktion und Interpretation der justinianischen Kirche und ihrer Liturgie
herangezogen wurden, mit Hinweis auf den Konservativismus in Kaiserzeremoniell
und Liturgie112.
Für die Frage nach der Form und Funktion von Atrium und Narthex in justinianischer
Zeit ist diese postulierte Kontinuität im Gebrauch einzelner architektonischer Trakte
zwischen dem 6. und 10. Jahrhundert das entscheidende Problem. Das zeigt eine kurze
Gegenüberstellung der Angaben zu Atrium und Narthex bei Paulos Silentiarios und
im Zeremonienbuch: P. Silentiarios beschreibt die Architektur des Narthex in großen
Zügen; er nennt seine charakteristische langgestreckte Form und die Türen in seinen
Lang- und Schmalseiten. Ebenso wird das Atrium in seinen wichtigsten Zügen vor-
gestellt: Vier Portiken, die einen Hof umgeben, in dessen Mitte eine Phiale steht. An-
bauten an Narthex oder Atrium beschreibt er nicht, und einzelne Teile von Atrium
und Narthex werden nicht besonders benannt oder hervorgehoben.
Im Zeremonienbuch werden Teile der Hagia Sophia nur dann erwähnt, wenn der
Kaiser sie auf seinem Weg in die Kirche und innerhalb der Kirche berührt oder betritt.
Sie werden als Stationen minutiös auf gezählt, doch nicht beschrieben; Angaben zur
Architektur sind selten und knapp. So werden Narthex und Atrium (λουτήρ) erwähnt,
wenn der Kaiser sie durchschreitet, aber es wird außerdem eine Reihe von Anbauten
— ώρολόγιον, διδασκαλεϊον, πατριαρχεϊον, μέγας κοχλίας — genannt, die mit ihnen eng
verbunden waren. Auf dem Weg durch Anbauten, Narthex und Atrium werden ein-
zelne ihrer Teile hervorgehoben und extra benannt — ωραία πύλη, βασιλικαί πύλαι,
προπύλαιον τοΰ νάρύηκος, αίΐυρ —, die bei Ρ. Silentiarios und allgemein in den
Quellen des 6. Jahrhunderts nicht vorkommen.
Für die ursprüngliche Form und Funktion von Narthex und Atrium ist damit von
Bedeutung, ob die zusammenhängende Beschreibung des Paulos durch die Aufzählung
topographischer Schwerpunkte im Kaiserzeremoniell ergänzt werden kann, trotz des
großen zeitlichen Abstandes. Die Südseite des Narthex mit dem Komplex südwestlicher
Anbauten erhält im Zeremonienbuch ein besonderes Gewicht, das Atrium wird nur
111 Auf diese Arbeit von Ebersolt und ihren ausführlichen Quellenapparat greifen die folgen-
den Untersuchungen immer wieder zurück. Für die ältere Literatur wird, mit Ausnahme
der Untersuchung von Beljaev, Byzantina II, auf die dortigen Angaben verwiesen.
Beljaev, Ebersolt und Antoniades trugen ihre topographischen Ergebnisse jeweils in den
Grundriß der Kirche ein. Diese Pläne — B&ljaev, Byzantina II Tf. X; Ebersolt, Sainte
Sophie 40; Antoniades, Ekphrasis I Tf. IZ' — sind zum folgenden hinzuzuziehen.
112 So zuletzt Krautheimer, Architecture 337, Anm. 15.
Die literarischen Aussagen über einzelne architektonische Trakte der Hagia Sophia,
ihre Inneneinrichtung und wichtige Anbauten finden sich im wesentlichen in zwei
Quellengruppen: Der justinianischen Ekphrasis und dem Zeremonienbuch des Kon-
stantinos Porphyrogennetos. Es wurde schon eingangs erwähnt, daß in der Forschung
versucht wurde, aus diesen beiden Gruppen und weit verstreuten Einzelstellen, d. h.
Quellen vom 6. bis 15. Jahrhundert, eine „Topographie de Sainte Sophie“111 wieder-
herzustellen, in der frühe wie späte Aussagen sich reibungslos zu einem Gesamtbild
zusammenfügen. Das bedeutet, daß z. B. detaillierte Angaben aus dem Zeremonienbuch
zur Rekonstruktion und Interpretation der justinianischen Kirche und ihrer Liturgie
herangezogen wurden, mit Hinweis auf den Konservativismus in Kaiserzeremoniell
und Liturgie112.
Für die Frage nach der Form und Funktion von Atrium und Narthex in justinianischer
Zeit ist diese postulierte Kontinuität im Gebrauch einzelner architektonischer Trakte
zwischen dem 6. und 10. Jahrhundert das entscheidende Problem. Das zeigt eine kurze
Gegenüberstellung der Angaben zu Atrium und Narthex bei Paulos Silentiarios und
im Zeremonienbuch: P. Silentiarios beschreibt die Architektur des Narthex in großen
Zügen; er nennt seine charakteristische langgestreckte Form und die Türen in seinen
Lang- und Schmalseiten. Ebenso wird das Atrium in seinen wichtigsten Zügen vor-
gestellt: Vier Portiken, die einen Hof umgeben, in dessen Mitte eine Phiale steht. An-
bauten an Narthex oder Atrium beschreibt er nicht, und einzelne Teile von Atrium
und Narthex werden nicht besonders benannt oder hervorgehoben.
Im Zeremonienbuch werden Teile der Hagia Sophia nur dann erwähnt, wenn der
Kaiser sie auf seinem Weg in die Kirche und innerhalb der Kirche berührt oder betritt.
Sie werden als Stationen minutiös auf gezählt, doch nicht beschrieben; Angaben zur
Architektur sind selten und knapp. So werden Narthex und Atrium (λουτήρ) erwähnt,
wenn der Kaiser sie durchschreitet, aber es wird außerdem eine Reihe von Anbauten
— ώρολόγιον, διδασκαλεϊον, πατριαρχεϊον, μέγας κοχλίας — genannt, die mit ihnen eng
verbunden waren. Auf dem Weg durch Anbauten, Narthex und Atrium werden ein-
zelne ihrer Teile hervorgehoben und extra benannt — ωραία πύλη, βασιλικαί πύλαι,
προπύλαιον τοΰ νάρύηκος, αίΐυρ —, die bei Ρ. Silentiarios und allgemein in den
Quellen des 6. Jahrhunderts nicht vorkommen.
Für die ursprüngliche Form und Funktion von Narthex und Atrium ist damit von
Bedeutung, ob die zusammenhängende Beschreibung des Paulos durch die Aufzählung
topographischer Schwerpunkte im Kaiserzeremoniell ergänzt werden kann, trotz des
großen zeitlichen Abstandes. Die Südseite des Narthex mit dem Komplex südwestlicher
Anbauten erhält im Zeremonienbuch ein besonderes Gewicht, das Atrium wird nur
111 Auf diese Arbeit von Ebersolt und ihren ausführlichen Quellenapparat greifen die folgen-
den Untersuchungen immer wieder zurück. Für die ältere Literatur wird, mit Ausnahme
der Untersuchung von Beljaev, Byzantina II, auf die dortigen Angaben verwiesen.
Beljaev, Ebersolt und Antoniades trugen ihre topographischen Ergebnisse jeweils in den
Grundriß der Kirche ein. Diese Pläne — B&ljaev, Byzantina II Tf. X; Ebersolt, Sainte
Sophie 40; Antoniades, Ekphrasis I Tf. IZ' — sind zum folgenden hinzuzuziehen.
112 So zuletzt Krautheimer, Architecture 337, Anm. 15.