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Strube, Christine
Baudekoration im nordsyrischen Kalksteinmassiv (Band 2): Das 6. und frühe 7. Jahrhundert — Mainz am Rhein: Verlag Philipp von Zabern, 2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.71526#0088
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(Taf. 35e; 51a. b. d)294. Da auch die „klassischen“ Blatt-
formen nur noch eine Kontrastform neben anderen auf
einem einzigen Kapitell waren (Taf. 5le. f), konnte dies
nicht ohne Auswirkung auf die traditionellen korinthi-
schen Kapitelle bleiben: Sie hatten in der Transeptkirche
noch eine größere Bedeutung als in der Kirche Qasr ibn
Wardäns, weil der Gegensatz zwischen flächig-kontrast-
reichen und „klassischen“ Blattformen wohl noch allein
mit verschiedenen Varianten des korinthischen Kapitells
innerhalb einer Säulenreihe ausgetragen wurde295.
D.h., die Ausbildung des mehrzonigen Kapitells kurz
nach oder um die Mitte des 6. Jhs. führte in diesem
Werkstattskreis zu der „Rückbildung“ der traditionellen
Akanthusformen.
Für das Verständnis all dieser Vorgänge ist wichtig,
daß schon in der Transeptkirche die Kombination des
Verschiedenen auf einem Kapitell bei den neuen Varian-
ten des korinthischen Kapitells (Taf. 23c. f) intensiver
war als bei anderen Kapitellformen - dies führt uns
zurück zu der Frage der zeitlichen Abfolge der beiden
Kirchen El Bäräs.
In die Kapitellplastik der Stephanoskirche wurde
keine der aufwendigen neuen Kapitellformen aufgenom-
men, es fehlt also eine Kapitellgruppe, die für die Ab-
grenzung beider Kirchen wichtig wäre. Vergleichen wir
aber die „klassischen“ Akanthusformen mit denen der
Kirche in Qasr ibn Wardän (Taf. 31f; 51b), so legen auch
sie nahe, die beiden Kirchen El Bäräs zeitlich nicht weit
voneinander zu trennen.
Ich stelle abschließend ein mehrzoniges Kapitell der
Südkirche von Banqüsä vor (Taf. 62a), das zeitlich nicht
weit von den Kapitellen in Qasr ibn Wardän entfernt ist,
um mit ihm zu dem so andersartigen Gesamtbild der
Kirchen von Mecez und Banqüsä überzuleiten. Es stimmt
in seiner Gesamtform wie auch den Tierprotomen und

Korbmotiven der obersten Kapitellzone so weitgehend
mit den vorangehend vorgestellten Kapitellen überein,
daß die so gegensätzliche Darstellung der Blatt- und
Rankenformen überrascht. Für die Weinranke wurde auf
einen Blattypus des 2./3. Jhs. zurückgegriffen296, dessen
gebuchtete Blattflächen mit ihren erhabenen Blattstegen
und bewegten Blatträndern den größten Kontrast zu den
kontrastreichen, scharf gezackten Rankenformen der
Kapitelle von Madbaca und Qasr ibn Wardän bilden.
Ebenso tief gebuchtet, wen auch etwas hölzern sind die
Blattformen des unteren Blattkranzes und geschichtet,
deutlich um Tiefe bemüht sind die Blätter seitlich der
Korbmotive. Flächenmuster und scharfe Hell-Dunkel-
Kontraste wurden also grundsätzlich vermieden und statt
dessen Relieftiefe und Plastizität angestrebt.
Das Nebeneinander von zwei grundverschiedenen
Darstellungsformen des Akanthus und der Blattranken
in den Kirchen des 6. Jhs. erinnert an den Befund der
wenigen Kämpfer- und Zweizonenkapitelle, die ich ein-
leitend vorstellen konnte (Taf. 10; 11). Die beiden
Kämpferkapitelle in Beirut und Macaret en Nomcän
schließen sich den Kirchen an, die sich um die Kirche
von Mecez gruppieren, während die Blattformen der
Zweizonenkapitelle in Apamea und des Kapitells in el
Anderin (Taf. 11c. d. e) direkt zu den Blattranken der
mehrzonigen Kapitelle in Kefr Rüma, Madbaca und Qasr
ibn Wardän führen (Taf. 35b; 51c. f).

294 Siehe auch S. 46 f.
295 Es ist immer im Auge zu behalten, daß von den Säulenkapitellen
der E 2 bis jetzt weniger als die Hälfte bekannt sind. Zu der Frage, ob die
mehrzonigen Kapitelle schon in der E 2 vertreten waren, siehe S. 40.
296 Siehe die Ausführungen bei Strube 1986, 80.

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