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Strube, Christine
Baudekoration im nordsyrischen Kalksteinmassiv (Band 2): Das 6. und frühe 7. Jahrhundert — Mainz am Rhein: Verlag Philipp von Zabern, 2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.71526#0140
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von Typ 2a und 2 m (Taf. 85a; Abb. 2). Das südliche Ka-
pitell war bis Mitte der 80 ger Jahre in situ527. Ein Photo
des nördlichen in Sturzlage findet sich in dem Inventar
des öebel il Acla528. Bei beiden Kapitellen ist die untere
Blattreihe geschlossen, während in der oberen langstie-
lige Blattgabeln die Blätter trennen. In beiden Blattrei-
hen dominiert die Blattform mit nach oben einschwin-
genden Rankenelementen. Die Hüllblattzone ist sehr
niedrig, und für die Hüllblattkelche wurde die Blattform
mit dunkel schattenden Dreiecksmustern gewählt.
Das Blattschema ist bei diesem Kapitell schwerer les-
bar als zum Beispiel in den Kirchen von El Bärä und Bäfetin
(Taf. 20a; 25b; 36), weil bei der Ausführung der Blattfor-
men das Bewegungsschema vereinfacht und zugleich
durch die Ausdünnung der Blattstege die Gleichwertig-
keit von Blattzacken und Negativmustern verstärkt
wurde.Wir werden eine vergleichbare Darstellungsweise
bei dem einzonigen Kapitell der Kirche von Arsin vorfin-
den (Taf. 88c).
Befund der Säulen- und der Vorlagenkapitelle. Die Säu-
lenkapitelle gehörten alle zum Typus des korinthischen
Kapitells mit glattem Akanthus. Der Befund der Kapi-
telle der östlichen Pfeilervorlagen wäre nur durch Frei-
legungsarbeiten sicher abzuklären, doch sprechen die
beiden im Martyrien liegenden Vorlagenkapitelle (Taf.
85e. f), von denen eines vielleicht zur südöstlichen Pfei-
lervorlage gehörte, dafür, daß es sehr wahrscheinlich ko-
rinthische Kapitelle mit glattem Akanthus waren.
Die Hauptmaße der Säulenkapitelle schwanken um
2-4 cm: H 77-79. uD 63,5-68. BD 110-112. B Knauf-
Knauf 107. Alle Kapitelle wurden ohne Scamillus gear-
beitet.
Kapitell der südöstlichen Pfeilervorlage (?). Im Nordteil
des Martyrions liegen zwei Kapitelle von Pfeilervorlagen,
von denen eines zur südöstlichen Pfeiler Vorlage gehört
haben könnte (Taf 85e). Es ist ein korinthisches Kapitell
mit glattem Akanthus. Die beiden Kapitellseiten, die ich
untersuchen konnte, zeigen in beiden Blattreihen glatte
schmale Blätter ohne Mittelrille, unterscheiden sich
aber in der Form der Caules und Hüllblätter. Auf der
Längsseite entsteigen den langstieligen Caulestengeln
mit dreieckig ausgeweiteter Spitze einfache glatte Blätter,
während die Formen der Schmalseite mit den hoch-
gewölbten Hüllblättern und dem Caules seitlich des
Diagonalblattes mit seiner zweigezackten Spitze (Blatt-
gabel) an einige Pfeilerkapitelle in QaFat Simcän erin-
nern529.
Kapitell des Martyrionbogens (?). Korinthisches Kapitell
mit glattem Akanthus (Taf. 85f). Nur eine Seite ist sicht-
bar. Sie zeigt Blätter mit erhabener Mittelrippe und sehr
einfache, sichelförmige Hüllblattpaare mit negativen
Dreiecksmustern in den Zwickeln, die zu den Apsiskapi-
tellen der Kirche von Arsin führen (Taf. 88a).
Säulenkapitelle. Da die Säulenkapitelle nicht freigelegt
und hochgesetzt wurden, konnten in der Regel nicht alle

Kapitellseiten untersucht werden. Damit bleibt vor allem
die Frage offen, wie viele der Kapitelle auf der Stirnseite
ein Medaillon aufweisen.
Da es sich zweifellos um einen der wichtigsten Kapi-
tellbefunde des 6. Jahrhunderts handelt, bleibt zu hoffen,
daß meinen vorläufigen Beobachtungen eine detaillierte
Aufnahme aller Stücke folgt.
Die Kapitelle lassen sich drei Hauptgruppen zuord-
nen. Jede Kapitellgruppe unterscheidet sich von der an-
deren durch die Grundform und die Ornamentik des
Kapitelloberteils. Aus keiner anderen Kirche des Kalk-
steinmassivs wurde bis jetzt eine so breite Palette von
Varianten des korinthischen Kapitells mit glattem Akan-
thus bekannt, doch sind hier die weiterführenden Arbei-
ten in den Kirchen von Turin abzuwarten. Neben einem
Girlandenkapitell (Taf. 87a) und den Kapitellen mit
kreisrunder oberster Kapitellzone (Taf. 86b. c. d; 87b)
lassen sich der Grundform nach unterscheiden: Kapitelle
mit - von oben gesehen - quadratischer oberster Kapi-
tellzone (Taf. 87c-e) und Kapitelle, bei denen sich die
Kurvatur der Abakusränder ohne Abgrenzung bis tief in
die oberste Kapitellzone hinein fortsetzt (Taf. 86c; 87f).
Kapitelle mit kreisrunder oberster Kapitellzone. Vier Ka-
pitelle dieser Variante konnten im Oberflächenbefund
ausgemacht werden. Sie unterscheiden sich vor allem in
den Blattformen und in der Ausbildung der Kapi-
tellecken. Bei zwei Kapitellen steht fest, daß ihre Front-
seite kein Medaillon aufwies.
Bei dem Kapitell im Westteil der Kirche sitzt im Zen-
trum der Stirnseite an der Stelle des zentralen Hochblat-
tes ein Kreuzmedaillon (Taf. 86e). Es liegt in hohem Re-
lief vor dem Kapitellgrund und endet kurz unter dem
oberen Rand des Kreisrundes. Die Dreiblattmotive in
den Kreuzfeldern mit den tief schattenden Dreiecken als
Innenmuster entsprechen in ihrer Form bis ins Detail
den Caulesspitzen zwischen den Hochblättern. Die
„Caules“ mit dreigezackter Spitze, die den Rand des
Kreisrundes berühren, sind aus den Kapitellen von Mecez
und Banqüsä bekannt (Taf. 54a-f; 60b; 61 d). Die Blätter
des unteren Kranzes mit dem mächtigen Blattüberfall
und den abgetieften Mittelstegen wiederholen sich bei
zwei anderen Kapitellen dieses Typus, und da bei ihnen
die oberen Blätter besser erhalten sind, kann mit ihnen
der Oberteil des Medaillonkapitells vervollständigt wer-
den: Bei allen drei Kapitellen (Taf. 86b. d; 87b) sind die
Eckblätter im Gegensatz zu den Mittelblättern auffallend
massig gearbeitet und treten weit aus dem Kapitellgrund
hervor. Da auch die Ecken der Deckplatte, deren Knäufe

527 Für die Auskunft und das Photo dieses Kapitells in situ danke ich
J. P. Sodini.
528 Inventaire II 232 Abb. 4.
529 Strube, Baudekoration I Taf. 99b. 102a—f (dreigezackte Caules-
spitze).

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