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Stuhlfauth, Georg; Vigenère, Blaise de [Übers.]; Artus, Thomas [Übers.]
Die Bildnisse D. Martin Luthers im Tode — Weimar, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.28042#0028
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10

Die Bildnisse v. Martin Lnthers im Tode.

der Schlafkammer durch eine Türe verbunden war. Beim Eintritt des Todes
lag er nach der rechten Seite gewandt, auf die er fich kurz zuvor über dem Aus--
sprechen seines letzten Wortes, des bekannten „Ja", gelegt hatte?) So ließ
man ihn unverändert dreiviertel Stunden, nachdem er entschlafen war, liegen.
Als alle Bemühungen, ihn mit Reiben und warmen Tüchern und Einflößen
von Mitteln u. a. ins Leben zurückzubringen, sich als vergeblich erwiesen hatten,
machte man „darneben", „hart bey dem Rugebett"^) „von vielen federbetten
drey vnterbett vnd tücher oben"^) und hob ihn hinein, „der hoffnung, wie wir
alle wündscheten und betteten fbetetens, ob Gott noch wölt gnade geben"?)
Hier ruhte der Leichnam von vier bis nach neun Uhr des Vormittags. Alsdann
kleidet man ihn „jnn ein weissen new Schwebisch kittel, legt die leich jnn die
kamer auff ein bett vnd strohe" — dies also das eigentliche Paradebett —, „bis
so lang ein ziener szinnerners sarck gegossen ! vnd er darein gelegt ward"?)
Die Zeit der Heranbringung des Sarges wird nicht näher angegeben; sie kann
aber nur höchstens wenige Stunden mehr gedauert haben; denn es wird im
„Christlichen Abschied" ausdrücklich bemerkt, daß, nachdem bereits zuvor — außer
den Fürsten und Herren, die schon vor Tag, um vier Uhr, erschienen waren — °)
„viel ehrlicher Bürger" den toten Leib am frühen Morgen auf dem Bette „mit
heißen Thränen und Weinen angesehen", ihn am gleichen Tage (18. Februar)
im Sterbehause^) haben „jnn dem sarck sehen lige viel vom Adel ! die jhnen
das mehrerteil gekand ! man vn weib ! etliche hundert ! vnd ein sehr gros anzal
volcks"?)

Am Tage darauf (um zwei Uhr nachmittags) wurde die Leiche in feierlichem
Leichenzuge in die Hauptpfarrkirche zu St. Andreas getragen und hier im Chore
aufgebahrt, und wieder am nächsten Tage (mittags zwischen zwölf und ein Uhr)
hat sie diese Stätte und damit Eisleben für immer verlassen, nachdem der Sarg
hier bereits „vergossen", d. h. endgültig geschlossen war?)

1) Schubart a. a. O. S. 9, 13; 21,17; 32, 9; 64,8; 72, S. Schubart ebda. S. 122f. unter-
scheidet ubrigens das „Ja" als Luthers letzten Laut von seinem letzten Wort: „Jch fahr dahin."

2) Schubart a. a. O. S. 64f.: Worte des „Abschied".

3) D. i. ein dreifaches Unterbett und oben — darüber Tücher (zum Zudecken).

4) Schubart ebda. 64, 39—6S, 2. Der Apotheker Johann Landau fpricht von diesem Bett
als einem „Isotus, gui splsuckicks xrasparatus srat", Schubart ebda. 78, 9f. Er vermerkt diesen
Umstand, weil das schöne Bett durch das, in dem Coeliusschen Bericht nicht erwähnte, Klystier, das
er dem Reformator beizubringen hatte, sehr beschmutzt wurde. Aber es war keineswegs ge-
dacht als Paradebett für die Leiche (so Schubart ebda. S. 122), sondern, wie aus dem Coelius-
schen Bericht unzweideutig hervorgeht, hergerichtet zu dem Zweck, den großen so plötzlich Ent-
schlafenen so warm wie möglich einzupacken, um auch auf diesem Wege vielleicht doch noch das
Leben in den Körper wieder zurückzubringen.

5) Schubart ebda. 63, lOff. 6) Schubart ebda. 63, 3ff.

7) Uber dieses s. Georg Kutzke, Aus Luthers Heimat. Vom Erhalten und Erneuern, Jena
1914, S. 44f. 8) Schubart ebda. 63, 12ff.

9) Dieses „Vergießen", also Verlöten des Sarges in Eisleben verzeichnet allein v. Matthäus
Ratzeberger, der bekannte Mediziner aus Luthers Umgebung, der jedoch beim Tode Luthers
selbst nicht zugegen war, in einem etwas jüngeren, aber noch vor 1358 geschriebenen Bericht über
 
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