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Stuhlfauth, Georg; Vigenère, Blaise de [Übers.]; Artus, Thomas [Übers.]
Die Bildnisse D. Martin Luthers im Tode — Weimar, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.28042#0033
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2. Die Porträtierung des toten Luther nach den Sterbeberichten.

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des Eislebener Malers zu reden, während umgekehrt die drei Autoren des „Ab-
schied" sich berechtigt dünkten, das gleiche Berhalten gegenüber dem ersten Bild
Furtenagels zu üben.

Es wird sich zeigen, daß der Unterschied der beiden Berichte hinsichtlich der
von dem toten Luther gemachten Bilder in der Tat im Sinne der zweiten Alter-
native zu verstehen und zu lösen ist, daß die beiden Berichte mithin sich nicht
widersprechen, sondern in der soeben dargelegten Weise sich ergänzen. Die Ent-
scheidung liefern die Bilder.

Betont sei aber hier noch einmal die sehr wichtige Tatsache, daß Meister Furte-
nagel auch nach des Apothekers Landau Briefbericht den toten Luther nur
im Sarge noch vor sich hatte, nicht mehr außerhalb desselben.

Der Brief des Eislebener Apothekers enthült nun noch eine andere Stelle,
die für uns bedeutsam ist. Jn ihr wird von dem Gespräch der beiden anwesenden
Nrzte, Magister Wild und vr. Ludwig, berichtet, die sich über die Todesursache
auseinandersetzten: „Der Doctor sagte, es sei Schlagfluß gewesen; man sah
nämlich eine Verzerrung des Mundes svisu est vuiiu tortura oriss, und die
rechte Seite geschwärzt. Der Magister hingegen . . . sagte, es sei Stickkatarrh
gewesen, und auf dem Wege der Erstickung sei der Tod eingetreten."^) Was
man auch von dem Jnhalt dieses Gespräches denke und wie man auch zu unserer
Stelle kritisch sich verhalte^), „die Verzerrung des Mundes" war da und gab
dem Entschlafenen in der Stunde des Todes ein bemerktes verändertes Aus-
sehen. Schubart meint von jener tortura oris, sie sei „als die bei Gestorbenen
häufige Erscheinung des schlaff herabhängenden Unterkiefers zu verstehen"?)
Aber darf man wirklich sie so einfach als allgemeinen Vorgang erklären, oder
muß man nicht doch in ihr eine spezifische Erscheinung erblicken? Gegen Schub art
spricht schon die von Landau überlieferte weitere Notiz, er — oder ist Fürst
Wolfgang gemeint?*) — habe, als alles erfolglos war, als letztes Mittel zur
Wiederbelebung dem Heimgegangenen den Mund und die Augen geöffnet,
beides vergeblich?) Wozu, fragt man, brauchte der Mund geöffnet zu werden,
wenn er bereits offen war? Und „tortura oris" ist eben doch nicht die Offnung
des Mundes, sondern die Verzerrung, Krümmung, Schiefstellung des Mundes
bzw. Gesichtes. Aber wiederum mögen auch hier das letzte Wort die Bilder haben!

1) Schubart a. a. O. S. 78, 12ff.

2) Zur Sache vgl. denfelben, Uber die Ursache des Todes Luthers, ebda. S. 113ff., zu unferer
Stelle insbesondere noch S. III.

3) Schubart ebda. S. 111 und S. 122.

4) Schubart ebda. S. 122.

5) Schubart ebda. S. 78, 33f.
 
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