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Sturm, Leonhard Christoph
Leonhard Christoph Sturms Vollständige Anweisung, Alle Arten von regularen Pracht-Gebäuden nach gewissen Reguln zu erfinden, auszutheilen und auszuzieren: Benebst Einer gedoppelten Vorstellung der Sechs Ordnungen der Bau-Kunst ...; Daß demnach Dieses Werck des berühmten Nicolai Goldmanns gantzes zweyte Buch, und noch über dieses eine grosse Anzahl nutzlicher Verbesserungen und Vermehrungen mit darleget — Augspurg: Wolff, 1717 [VD18 12337129-001]

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.62404#0030

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ELE


8 NR O
e 8

Ann man ſich in einer Ordnung einen Wag ⸗ rechten Strich einbildet / wel-
e cher den gleich⸗dicken Stamm vom eingezogenen Stamme unterſcheidet /
ſo wollen wir das / was unter ſolchem Striche lieget / das Untertheil / was

aber hoͤher als dieſer Strich gefunden wird / das Obertheil einer Ord-

nung nennen. Begreiffet dieſem nach das Untertheil einer Ordnung den

9 gantzen Saͤulen⸗Stuhl / und das Untertheil der Saͤule / benantlich den

Saͤulen⸗Fuß und gleich-dicken Stamm; das uͤbrige Theil der Saͤule /


zum Obertheil einer Ordnung. Alſo ſeyn im Untertheil begriffen / der Fuß des Saͤulen-
Stuhls / der Wuͤrffel und Deckel / deßgleichen der Unterſatz, der Saͤulen⸗Fuß und gleich-
dicke Stamm. Im Obertheil werden begriffen der verduͤnnete Stamm / der Knauff /


‚Vn l e 1
J. 10. c. Il,

Von der Tuſcaniſchen Ordnung iſt anzumercken / daß dieſe Ordnung am naͤchſten zu-
treffe mit der alten Doriſchen Ordnung. Dieſe Ordnung ſolle Dorus des Hellenis und
der Nymphe Optines Sohn / welcher damahls uͤber gantz Achajam und Peloponneſum
herrſchete zufaͤlliger Weiſe erfunden haben. Boccatius meynet es ſeye dieſer Dorus, von
welchem die Dorier ihren Nahmen fuͤhren / Neptuni und der Elopis Sohn geweſen.

Als nun hernach die athenienſer, unter ihrem Fuͤhrer lone unterſchiedene herrliche Wohn-
Staͤdte in Aſien gebauet / haben ſie Apollini Panionio, das iſt / deme der aller Joner
Ott war einen Tempel Doriſcher Abmeſſung erbauet. Aber viel glaublicher iſts / daß die
Dorier in Aſien übergeſchiffet ſeyn / dann Doris iſt wie maͤnniglich bekannt / eine Landſchafft
in klein Aſien geweſen / nemlich eine Spitze des Landes Cariæ. Daſelbſt haben ſie die-
ſe Ordnung von den benachbartenbheœniciern erlernet / welche vermuthlich die-
ſelbe von dem Hauſe Koͤniges Salomo / da ſie am erſten gebrauchet worden /
abgelernet. Denn derſelbe weiſe Koͤnig hat dieſelbe zu erfinden aus dem
Muſter des Tempels / welches Gott ſelbſt gegeben hafte / am beſten Anlaß
nehmen / und ſein Baumeiſter der Phœnicier Huram ſie davon abnehmen /



wohl von den Doriern als Joniern auf die benachbarten Lydier fortgepflantzet worden.
Nachdeme nun Atys, welcher ſeine Ankunfft von Hercule und Omphale herruͤhmte / ſahe /

Reiche erwehlete / und Tyrrhenum den andern mit dem groͤſſeſten Theil ſeiner Unterthanen /
welche wegen Unfruchtbarkeit und Hungers⸗Noth nicht mehr im Lande bleiben mochten /
von ſich ſenden muſte: Iſt Tyrrhends in Italien kommen / und hat ſeine Voͤlcker nach
ſeinem eigenen Nahmen Tyrrbenier genannt / welche hernach Tufci und Etrufei ſeyn genen-


Paſces,

Appenniniſchen Gebuͤrges: Und als ſie aus ſolchen von den alten Galliern oder Wahlen
verjagt worden / haben ſie ſich diſſeits des Appenniniſchen Gebuͤrges/ zu verſtehen / gegen
Suden an dem von ihnen genannten Lyrrbeniſchen Meer; zwiſchen beyden Fluͤſſen / dem
Arno und der Tyber niedergelaſſen / und daſelbſt zwoͤlff feine Staͤdte und Fuͤrſtenthuͤmer
aufgerichtet / und ſeyn alſo ein ſo ſittſames Volck worden / daß die Roͤmer aus ihren Ma-
jeſtaͤtiſchen Braͤuchen / und aus ihren Sitten / die Beherrſchungs⸗Buͤndel / und Vorſagung
aus dem Vogel⸗Geſchrey erſtlich angenommen haben. Im Bauen ſeyn ſie nicht weniger
herrlich und ſittſam worden wie dann die alten Tuſcaniſchen Tempel beym Vitruvio
gelobet werden / und heutiges Tages / die Stadt Florentz / welche die Haupt ⸗Stadt in
Tulcien iſt ſo herrlich aufgebauet iſt / daß der Kayſer Maximilian dieſelbe ſo ſchoͤn achtete /
daß man ſie nicht alle Tag ſollte e laſſen / ſondern alleine an Feyertaͤgen: Nem-
lich gleichwie man taͤglich ſchlechte Kleidung / und am Feyertage herrliche Feper⸗Kleider ge-
sehn alſo bedauchte ihn die Schoͤnheit der Stadt mehr als gemein oder alltaͤglich
zu ſeyn.

Tuſcaniſch genannt / aber die wohl ausgearbeitete / heiſſet eigentlich die Doriſche Ordnung.
v Die einfaͤltige Schlechtheit iſt eine Eigenſchafft dieſer Ordnung / wird derohalben heu-
„tiges Tages wohl angewendet / an Pforten der Schantzen / in den Lauben / welche , 98
} 175 Hoͤſe



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