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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 9.1918-1919

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Siebentes Heft (Oktober 1918)
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Allwohn, Adolf: Gedichte
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Heynicke, Kurt: Traum am Abend
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https://doi.org/10.11588/diglit.37111#0099

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Nachthimmelüber
Glanzhoch umkoren
Strahltief verloren
Ueber
Tannen tragen Sterne in den Händen
Tannen ragen Sterne
Küsse die Sterne!
Sterne sind Augen
Augen sind Sterne
Du
Frieden
Heimkehr aus den Welten sinkt ins Herz
Flügelstolzen hat sich weh gewundet
Unendliches Weinen stürzt sacht in singenden Segen
Schluchzt eine knieende Hand
Seeletief
Seele du
Seele ich
So wund so weh
Schlafe meine Schläfe du Liebehand
Wiege meine Wege du Schlummerschoß
Decken deine Flügel meinen Frieden zu
Du
Nacht
Ruhe fließt in das weiche Moos
Küssen breitet die zerdrückten Hände
Sinken verjubelt den schütteren Tag
Arm verirrt sich die Größe der Nacht
Dämmert auf ein dunkler See und totes Haus
Schwarzes Feuer starrgesteinert Uferriesen
Nur manchmal noch betet em Mondblick durch das Blinde
Abend
ln allen Augen dunkelt ein Gott
Ein Segel streicht über den Abendschoß
Schlagen Wälder über die Augen zusammen
Glanzauf Alensch Tag Gott
Der Abend atmet das Mahl des Tags
Der Wind welkt das wehende Weinen
Seligkeit schluchzt über den zitternden See
Zagt ein Kuß zum Opfer des Lichts
Gott hat den Menschen in den Tag geleuchtet
Alensch hat den Himmel in den Gott gesegnet
Feiern die Feuer ein Opfer-Erstehen
Wellt Welt über Abend den tagenden Mensch
Gott
Sommer
Beten Augen eine Sonnenkraft
Rüttelt reiche Last der Hände
Ballt Pracht die Zähne in den Nacken
Sehnen dich fern
Sehnen dich nah
Blau du
Thron du
Stürzen du
Siedet ein Gold
Wald wandelt im Himmel heiß
Wallen Wipfel der Sonne
Sonne
Welt weint in einer reichen Brust
Frühling
Sonne stickt eine Faust
Beugt rieslings den Kopf und sperrt
Drang trinkt
Zerfließen zäumt schurzauf
Und flackernde Bäume

Der Mund mordet die Sonne
Leib lebt nicht '
Bang bengt
Stößt Siegsturm in die Tiefenweiten
Und Jauchzen sinkt
Die Frühe zagt in die Sonne Blühen
Wärme kreist einen einzigen Ball
Ringt Kugel umeinander
Singt See in einer Seele
Gelben Falterhände in die Ewigkeit
Blau
Tanz
Nacht um blauheimliche Seen zu tanzen
Rote Nelken rote
Der spitze Wind knistert die Scheiben kraus streichelkraus
Das Dunkel hat die Läden schwarz geladen
Nacht zu tanzen
Licht zu tanzen rote Blüten trillerleise falleblaue tiefe Brüste
weit
Kuß ich
Handlos klettert die Bäume blind
Weiß flittert den Himmel
Traum spritzt die springen Wellen knister leer
Raum rauschen knieen Kopf
Schwer weiten Blut blau
AHüber tanzen tiefen Gott


Traum am Abend
Kurt Heynicke
Die kleine Stadt hängt an Waldbergen, kurzbeinige Obst-
bäume steigen hügelhinab in die Gärten. Rote Dächer lächeln
in das Grün, über blühende Rosen flattert Mädchenlachen. Der
Abend tut seine Fülle auf.
Sie firn saftgrünen Grase, nackenverschränkt, lächelt hinauf);
Du!
Er [beugt hinab): Ja!
Sie [schließt die Augen): Ich träume Dich!
E r [fern): Ja! '
Sie [heftig, springt auf): Komm!
Er [müdlächelnd): Ja.
Sie [birgt hinter einem Rosenbusch, dringlich): Komm!
Er [hebt schwerfällig): Ja doch. Ja.
Sie [springt hervor, hängt an ihn und tastet sein Gesicht):
Woran denkst Du?
Er: Nichts, o nichts!
Sie [schüttelt ihn): Liebster!
E r [lächelt herb): Liebe!
L<hr schlägt spät. Dämmernis steigt. Sterne reigen.
Er: Liebe, was bist du? [Schüttelt ihre Hüften.) Wo bist du?
Du bist Liebe? Du? Du?
S i e [kniet und zieht ihn herab): Alles bin ich. Die Nacht will
werden.
Er: Lern in Wäldern gleitet ein schwarzer Vogel. Der ist
meine Seele. Ich finde dich nicht.
Sie (weibsehnsuchtsverträumt): Ich singe dich schlafen an
meiner Brust. Jasmin überblüht uns. Ich will dir Blüte sein!
E r: Traum in den Mainächten greift meine Hände. Fremde
Seelen sind meine Geschwister. Ich wohne nicht hier. Geh!
[Stille schwingt. Glocken ringen häuserher.)
Der Jasmin: Wir sind die Brücke aus Frühling und Sommer
Ein herbes Schwert ist unser Duft, Seele
sind wir, Liebende zu umschlingen.
Er )l
^ . ! (lauschen bange.)
b i e
D e r J a s m i n: Wir betten die Sehnsucht in Träume.
Sterne umfluten die weltweiten Räume
Dein" Seele ist Raum,
blühe Sterne wie wir!
 
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