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Sybel, Ludwig von
Christliche Antike: Einführung in die altchristliche Kunst (Band 2): Plastik, Architektur und Malerei — Marburg, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.17653#0337
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Geographische Übersicht der Kirchengebäude.

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Nordafrika. Die Bedeutung Nordafrikas für das Christentum hat nach andern,
und schärfer als frühere, Theodor Mommsen betont. „In der Entwicklung des Christen-
tums spielt Afrika geradezu die erste Rolle; wenn dasselbe in Syrien entstanden ist, so
ist es in und durch Afrika Weltreligion geworden.“ Mommsen hat die Überführung
des Christentums aus dem griechischen in das lateinische Medium im Sinne, woran die
Afrikaner so wesentlich beteiligt waren. Die Bedeutung der Tatsache ins rechte Licht
zu setzen stellt er sie in die Entwicklungsreihe, deren neuere Glieder auf Luthers
Spuren die Bibelmissionen darstellen. Sehr richtig. Nur ist dabei die weltgeschicht-
liche Rolle des griechischen Christentums als dem Leser bekannt und gegenwärtig
vorausgesetzt. Wie die griechischen „Septuaginta“ den Israelitismus zu einer Welt-
religion gemacht haben, so eroberte das griechisch redende und schreibende Christen-
tum Kleinasien und, zwar nicht Italien, aber die hellenistische Welthauptstadt, Rom.
Das griechische Christentum tat den ersten Schritt zur Weltreligion, das lateinische
den zweiten. Mommsen hebt noch hervor, daß die werdende Kirche in Afrika die
eifrigsten Bekenner, die begabtesten Vertreter fand, für den literarischen Glaubens-
kampf weitaus die meisten und tüchtigsten Streiter. Und das Christentum, fügen wir
hinzu, nahm einen Guß afrikanischen Blutes in seine Adern auf.
Im Gefolge der französischen Neukolonisation Nordafrikas wurde eine Fülle von
Denkmälern der Wissenschaft erschlossen, auch eine Fülle afrikanischer Kirchen; freilich
liegen sie noch nicht, sicher noch nicht alle, in genügenden Veröffentlichungen vor.
Immerhin läßt sich schon jetzt erkennen, daß auch in Nordafrika der bauliche Hauptteil
der christlichen Basiliken konstant ist, nämlich das dreischiffige Langhaus mit seiner
Richtung nach dem Altar; vereinzelt kommen fünf Schiffe vor, was es mit den sieben
oder neun zu Tipasa und bei der auch sonst eigenen Damus-el-Karita zu Karthago für
eine Bewandtnis hat, bleibt in Frage. Wie im griechischen Osten gibt es auch hier
gelegentlich Scheidewände zwischen den Schiffen, desgleichen Pfeiler, auch solche mit
angearbeiteten Halbsäulen, u. a. m. Schwankender sind die An- und Einbauten. Vor
der Kirche findet sich bald ein Atrium, bald ein Narthex, auch wohl eine hittitische
Vorhalle. Die Apsis ist ein- oder ausgebaut, sie bat Prothesis und Diakonikon zu
ihren Seiten, doch nicht regelmäßig. Seit dem fünften Jahrhundert wird die Bestattung
in der Kirche häufig, für das Grab des 475 verstorbenen Bischof Reparatus von Orläans-
ville wurde in die Basilika eine westliche Apsis eingebaut.1)
Die West- und Nordländer Europas dürfen wir übergehen und sofort mit Italien
unsere Umschau beschließen. Es handelt sich um Rom, Mailand und Ravenna. Kon-

of Egypt 1885. de Bock, Matöriaux pour servir ä l’archdologie de l’Egypte chrötien, Petersburg
1901 (Deir-el-Abiad und Deir-el-Achmar; El-Bagauat); vgl. Leipoldt, Schenute von Atripe 1903.
Strzygowski, Kleinasien 1903, 118; Koptische Kunst 1904, XVII f.; Byz. Denkm. III p. XVII. —
Menasheiligtum: Kaufmann, Ausgrabung der Menasheiligtümer, Erster bis Dritter Bericht,
Cairo 1906 —8 = La döcouverte des sanctuaires de Mönas dans le dösert de Maröotis, trad. par
A. Hartmann, Alexandrie 1908. Beide Ausgaben mit Abb.; vgl. Röm. Quartalschr. 1906, 82. 169.
189. 1907, 7. Byz. Zeitschr. XVI 724 und sonst.
*) Nordafrika: Gsell, in den Mölanges d’archöol. et d’hist. 1891 und weiterhin. Derselbe,
Rech, archäol. en Algörie 1893; Les mon. antiques de l’Algärie 1901. Saladin, in den Archiv, d.
miss, scient. 1887. 1892. Diehl, L’Afrique byzantine 1897. Franz Wieland, Ein Ausflug ins alt-
christliche Afrika 1900. Dazu A. Schulten, Deutsche Lit. Zeit. 1900, 1649. Kraus, Gesch. I 274.
337. Leclercq in Cabrols Dict. I 658.

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